Proteste können scheinbar aus dem Nichts in Gewalt umschlagen. Doch ein solches Verhalten lässt sich voraussagen, behauptet die Mathematikerin Hannah Fry. Gewisse Verhaltensmuster lassen sich nämlich berechnen.
Fry, die am University College in London lehrt, hat sich beispielsweise mit den Ausschreitungen von 2011 in London befasst und mithilfe von mathematischen Modellen festgestellt, dass sich Randalierer in ähnlichen Mustern durch die Stadt bewegen wie normale Einkäufer. Legt man diese Bewegungsmuster zugrunde, lassen sich Polizeieinsätze zum Schutz der Bürger effizienter planen, sagt sie. Die Polizei könnte ihre Ressourcen dann auf Orte konzentrieren, an denen zu bestimmten Zeitpunkten mit höherer Wahrscheinlichkeit Verbrechen verübt werden.
Die Frage, wie sich die Gesellschaft mithilfe von mathematischen Modellen verbessern lässt, steht im Zentrum von Frys Utopie. In die Stadtplanung könnten zum Beispiel Bewegungsmuster großer Menschengruppen eingezogen werden, die durch mathematische Modelle entstehen.
Wichtig ist Fry bei ihren Überlegungen immer, dass die vielen Daten, die Menschen ohnehin hinterlassen, nicht genutzt werden, um Individuen zu überwachen, sondern um Aussagen über das Verhalten von Gruppen zu treffen. Die Mathematik soll dem Menschen dienen, nicht umgekehrt.
Ob und wie Hannah Frys fiktive Gesellschaftsordnung in die Realität umgesetzt werden wird, wissen wir nicht. In dieser Serie stellen wir Utopien vor. In loser Folge lässt ZEIT ONLINE dazu Wissenschaftler, Aktivisten, Unternehmer zu Wort kommen.
Kommentare
Probleme mit der Darstellung?
Leider sind nur wenige kurze Absätze zu lesen, der eigentliche Artikel scheint zu fehlen...
Utopie?
Eine Welt und Gesellschaft, gesteuert und kontrolliert via mathematischen Modellen, welche mittels Hinterlassen, Erfassen und Verarbeiten von digitalen Spuren (ergo Überwachung des Einzelnen) realisiert wird, klingt für mich eher nach einer traurigen Dystopie ...
Genau darauf wird es ankommen
Sie schreiben:
"Eine Welt und Gesellschaft, gesteuert und kontrolliert via mathematischen Modellen, welche mittels Hinterlassen, Erfassen und Verarbeiten von digitalen Spuren (ergo Überwachung des Einzelnen) realisiert wird, klingt für mich eher nach einer traurigen Dystopie ..."
Genau an der Stelle ist der Gesetzgeber gefordert (in Großbrittanien beschäfigt man da freilich in besonderem Maße den Bock als Gärtner):
Einerseits gibt es da legitime Interesse, statistische Daten für Optimierungen zu nutzen (bei denen unser "Bauchgefühl" oft total versagt). Auf der anderen Seite werden sehr detaillierte Statistiken (z.B. nicht nur die Anzahl Fahrzeuge/Stunde auf allen Straßen sondern auch, welche Start-Ziel-Strecken wann gefahren werden) fast zwangsläufig personalisierbar.
Derzeit ist die Hoffnung, dass sich personalisierbare Datenbestände vor Behördenzugriffen (z.B. Geheimdienste) schützen lassen, eher gering. Deswegen muss oberstes Ziel einer Regulierung sein, möglichst nah an der Quelle den Personenbezug zu entfernen und die nötige Unschärfe (mit großzügigem Sicherheitsabstand) hinzuzufügen damit der Personenbezug nicht rekonstruiert werden kann. Blöderweise müsste solche Vorgaben von genau den Parlamenten beschlossen werden, die immer noch (in GB besonders krass aber in Deutschland auch) den Ausbau von Geheimdienstbefugnissen (und -mitteln) vorantreiben.
Trotzdem: Es gibt viele legitime und menschenfreundliche BigData-Anwendungen, die zu verteufeln niemanden schützt.
machen das die amies nicht schon längst
"Die Polizei könnte ihre Ressourcen dann auf Orte konzentrieren, an denen zu bestimmten Zeitpunkten mit höherer Wahrscheinlichkeit Verbrechen verübt werden."
http://www.zeit.de/digita...
und zu ihrem beispiel: ich halte es für keine positive utopie das geimwohl solange mit füssen zu treten, bis man kurz vor einer revolution steht, und dann genausoviel zugeständnisse zu machen, wie nötig sind, um dieser die dynamic zu nehmen.
ich finde die aussicht erschreckend.
Verbessern oder besser kontrollieren?
Ich nehme der Frau die Naivität durchaus ab, sie glaubt, was sie da sagt und meint es gut.
Aber gerade die Ausschreitungen in GB 2011 sind doch ein Klasse beispiel wie die Politik das sieht und reagiert.
Denn die Polizisten wurden sofort in die Gegend der Besserverdienenden geschickt, während die Deppen so bescheuert waren und die eigene Nachbarschaft geplündert und in angezündet haben (und dann auch noch auf Facebook damit angaben, aber das ist eine andere Geschichte).
Während also "normale" Menschen um ihr Leben und um ihre Habe fürchten mussten, hat ein großteil der Polizei Nightsbridge und die City bewacht.
Abgesehen davon, wenn man mit Big Data so etwas vorhersagen kann - und ich denke das das durchaus der Fall ist - wäre es nicht ungleich vernünftiger, billiger und besser es erst gar nicht soweit kommen zu lassen?
Die Ursache für die Riots sind die gesellschaftlichen Verwerfungen und die (zu recht oder/und unrecht) empfundene soziale Ungerechtigkeit.
Anstatt der Polizei Tips zu geben wo sie sich aufzustellen hat, sollte man nicht verhindern oder zumindest versuchen zu verhindern, dass es erst garnicht zu Ausschreitungen kommt?
Das würde aber wieder bedeuten beliebte Heiligtümer des Wirtschaftsystems in Frage zu stellen.
Mit anderen Worten, Big Data mag tatsächlich funktionieren, aber die Poltik und Teile der Gesellschaft werden die Daten nicht verstehen wollen(!) oder/und für ihre Zwecke missbrauchen.