Der Bundesbeauftragte für die Belange behinderter Menschen, Hubert Hüppe ( CDU ), hat die Bundesländer zum Verbot eines neuen Schwangerschafts-Bluttests auf das Down-Syndrom (Trisomie 21) aufgerufen. "Ich halte den Test für illegal", sagte Hüppe. Er fürchtet, dass der Druck auf Paare, abzutreiben, nun noch steigen wird.
Der Test sei nicht nur "im hohen Maße diskriminierend", sondern diene einzig und allein "der Selektion von Menschen mit Down-Syndrom ", sagte Hüppe. Er legte ein Rechtsgutachten vor, wonach der Test laut dem Gendiagnostikgesetz rechtlich unzulässig ist. "Der Test dient weder medizinischen noch therapeutischen Zwecken", sagte Hüppe. Damit erfülle er nicht die Voraussetzungen für eine zulässige vorgeburtliche Untersuchung.
Auch die Bundesvereinigung Lebenshilfe und Down-Syndrom-Organisationen in Deutschland kritisieren, der Tests stelle das Lebensrecht von Menschen mit Down-Syndrom in Frage. Derzeit leben in Deutschland rund 50.000 Menschen mit dem Syndrom, das zu Organfehlbildungen wie Herzfehlern führen kann. Der Grad der geistigen Behinderung kann sehr unterschiedlich ausfallen.
Ethikrat befasst sich mit dem Problem
Die Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG) sieht in dem Test indes "keinen ethischen Dammbruch", auch sei keine sprunghafte Zunahme von Schwangerschaftskonflikten zu befürchten. Auch Ärztepräsident Frank Ulrich Montgomery befürwortet den Bluttest. Im Kern der Debatte geht es nach seiner Meinung auch nicht um den neuen Test, sondern vielmehr "um die Pränatal-Diagnostik und ihre Konsequenzen insgesamt". Mit den vielen offenen Fragen rund um die Gendiagnostik befasst sich derzeit der Deutsche Ethikrat, der im Auftrag der Bundesregierung dazu eine Stellungnahme erarbeiten soll.
Noch im Juli will die Konstanzer Firma LifeCodexx einen Test auf den Markt bringen, der eine Trisomie 21 schon in einer Blutprobe der Schwangeren erkennt und riskante Fruchtwasseruntersuchungen in vielen Fällen überflüssig machen soll. Im Blut von schwangeren Frauen finden sich Teile der Erbinformation des Embryos, die im Testverfahren im Labor analysiert und auf Hinweise einer Chromosomenveränderung abgesucht werden. Beim Down-Syndrom liegt das Chromosom 21 dreimal statt zweimal vor.
Schwangere müssen Test selbst zahlen
Das Verfahren, dessen Entwicklung vom Bund mit rund 230.000 Euro gefördert wurde, soll zunächst in rund 20 Praxen und Pränatalzentren in Deutschland angeboten werden und rund 1.250 Euro kosten, sagte Elke Decker, Sprecherin von LifeCodexx. Die Summe müssen die Frauen selbst zahlen. Der PraenaTest ist für Frauen ab der zwölften Schwangerschaftswoche gedacht, bei denen ein erhöhtes Risiko für Chromosomenveränderungen beim Embryo besteht. Zudem müssen sich die Frauen gemäß Gendiagnostikgesetz von einem qualifizierten Arzt beraten und aufklären lassen.
Der Test kommt zum Beispiel in Frage, wenn es beim Ersttrimester-Screening einen auffälligen Befund gibt. Dabei wird zwischen der zwölften und 14. Schwangerschaftswoche anhand eines speziellen Ultraschalls und von Blutwerten eine Wahrscheinlichkeit für Trisomie 21 berechnet. Bislang erfolgte bei Risikoschwangerschaften meist eine Fruchtwasseruntersuchung oder eine Punktion des Mutterkuchens – der Eingriff durch die Bauchdecke kann allerdings zur Fehlgeburt führen. Laut der DGGG verlieren etwa zehn von 1.000 Frauen infolge des Eingriffs ihr gesundes Kind.
Kommentare
Meine Wahrheit...
Die einfach Wahrheit: ich möchte keine Kind mit Down-Syndrom. Ich fühle mich der Aufgabe nicht gewachsen, ein behindertes Kind großzuziehen. Ich möchte sehen, wie mein Kind sich "normal" entwickelt. Ich möchte irgendwann mein Kind in ein vollkommen selbständiges Leben entlassen. Soll ich dann komplett auf ein Kind verzichten, weil ich das Risiko einer Behinderung nicht eingehen möchte?
Illusion
Sehr geehrter Herr Hans Glück,
ein Fakt wird in all den Artikeln zu dem Thema verschwiegen: Selbst wenn Sie konsequent alle Embryos mit Trisomie abtreiben, heisst das noch lange nicht, dass Sie kein behindertes Kind haben werden. Es gibt eine grosse Menge weiterer genetischer Syndrome, die Behinderungen zur Folge haben. Es gibt de-novo-Mutationen, von denen die Wissenschaft heute noch gar nichts wissen kann. Ihr Kind kann genetisch "perfekt" sein, aber dann läuft bei der Geburt etwas schief. Auch das spätere Leben hält mit Krankheiten und Unfällen noch ungeahnte Möglichkeiten bereit.
Nichts und niemand kann Ihnen garantieren, dass Ihr Kind einmal nicht behindert sein wird. Warum nur soll man ausgerechnet Menschen mit Down Syndrom aussortieren? Weil die Wissenschaft diese genetische Besonderheit am Leichtesten nachweisen kann?
Bessere Idee
Entfernt. Nutzen Sie den Kommentarbereich bitte, um sich sachlich über den konkreten Artikelinhalt auszutauschen. Danke. Die Redaktion/kvk
Ethik in der Medizin
Der Beauftragte weiß sicherlich auch das Kinder wegen nichtigeren Gründen abgetrieben werden, wegen des Geschlechts, Erbkrankheiten o.ä.
Es ist die Entscheidung der Frau ob sie ein Kind behält oder abtreibt das hat rein gar nichts mit Diskriminierung zu tun, als Behindertenbeauftragter weiß er sicher auch welche Belastung das für eine Familie sein kann, Behinderte Kinder werden 4x öfters zur adoption frei gegeben als gesunde, ist das etwa die ethischere und humanere Alternative?
Die ethischere Methode wäre....
....wenn der Staat sich nicht in Angelegenheiten einmischt, die ihn nichts angehen.
sehr subtil...
...'der test sei nicht nur 'in hohem masse diskriminierend', sondern diene einzig und allein 'der selektion von menschen mit down-syndrom'.
ah ja - wie ist das moeglich? a. es handelt sich zum zeitpunkt des schwangerschafts-bluttestes doch wohl kaum um einen 'menschen' und b. wer wird denn hier 'selektiert' (allein diese wortwahl bescheinigt die intention des herrn hueppe!)? eine 'kategorisierung' koennte fruehestens 'nach', respektive 'mit' der geburt stattfinden aber nicht vorher einsetzen.
weiterhin 'fuerchtet' er, 'dass der druck auf paare, abzutreiben, noch steigen wird'. a. ist 'der druck' denn schon 'gestiegen' (belege?)? und b. hier liegt des 'pudels kern' seiner einlassung: ihm geht es um die 'abtreibung'! - diese vermengt er unzulaessig mit dem sich aus der fortschreitenden wissenschaft ermoeglichenden 'verhindern' ungesunder kinder.
'der test dient weder medizinischen noch therapeutischen zwecken' beinhaltet den irrtum, dass ebenda eine medizinische indikation in bezug auf trisome 21 vorliegend sein koennte - ob das kind im anschluss mit diesem 'defect' geboren werden soll, sollte wohl kein 'verwaltungsbeamter' zu entscheiden haben, sondern einzig und allein mutter & vater - freiheit in diesem bereich wird allem anschein nach nicht sehr gross geschrieben!
cheers
es ist (davon abgesehen) sowieso befremdlich, wenn sich 'familienfremde' personen anmassen, darueber zu entscheiden, ob ein 'mensch' nun geboren werden soll oder nicht...
Sie machen es sich da ein wenig zu leicht...
Es ist eher befremdlich das man diesen Test dazu verwenden will um so eine tiefgreifende Entscheidung zu treffen.
Der Beitrag: http://www.zeit.de/wissen...
bringt es recht genau auf den Punkt.
Hätte ich auf den ersten Kommentar geantwortet wäre dieser wahrscheinlich wegen übertriebener Ironie/Polemik gelöscht worden.