"Schüssler-Salze für Kinderwunsch, Schwangerschaft und Geburt" oder "Luna Yoga für die Fruchtbarkeit" und die üblichen Verdächtigen: Akupunktur und Ayurveda. "Natürlich gibt es immer jemanden, der kurze Zeit nach einer solchen Behandlung schwanger wird", sagt Matthias Bloechle. Der Berliner Reproduktionsmediziner ist bekannt durch seine Selbstanzeige, die den Anstoß zur begrenzten Zulassung der Präimplantationsdiagnostik in Deutschland brachte. Er ist ein nüchterner Schulmediziner.
Und in einem hat er recht: Es gibt keine seriöse Studie, die belegt, dass eine der Methoden aus dem Arsenal der Alternativmedizin – geschweige denn der Esoterik – gegen eine medizinisch begründete Unfruchtbarkeit hilft.
Denkbar ist allerdings, dass weiche Methoden auch gegen weiche Probleme helfen. Ein gesunder Lebensstil, gute Ernährung, Bewegung und Entspannung sind Voraussetzungen, die die Chancen auf ein Kind erhöhen, meint auch Bloechle. Doch was die alternativmedizinischen Methoden angeht, sagt er: "Ich bin da ungläubig, aber es hat keinen Sinn, jemandem etwas auszureden."
Das hat er auch im Fall der jungen Frau nicht getan, die kürzlich zum ersten Mal in seiner Sprechstunde war. Bloechle hat den Verdacht, dass bei ihr eine Endometriose, eine unkontrollierte Wucherung von versprengter Gebärmutterschleimhaut im Bauchraum, die Ursache der Unfruchtbarkeit ist. Man kann das abklären, gegebenenfalls eine In-vitro-Befruchtung vornehmen. Seine Patientin möchte es aber lieber erst einmal mit manueller Therapie versuchen. Dabei wird vor allem der Bauchraum sanft massiert, was den Frauen angeblich helfen soll, ihr hormonelles Gleichgewicht zu finden.
Schätzungsweise ein Drittel versucht Alternativen
Mit diesem Wunsch ist sie nicht alleine. Zahlen aus Deutschland gibt es zwar nicht, doch im Nachbarland Dänemark nutzt nach einer Studie aus dem Jahr 2009, die Forscher der Universitäten Kopenhagen und Cardiff in Wales durchführten, etwa jede dritte Patientin eines reproduktionsmedizinischen Zentrums auch alternative Angebote; meist ohne dass die Ärzte etwas davon wissen. Die Forscher raten Frauen jedoch dazu, ihren Ärzten von allen Methoden zu erzählen, die sie parallel zur Schulmedizin anwenden.
Die dänischen Forscher stießen bei ihrer Erhebung auf ein interessantes Phänomen: Die Frauen, die irgendeine Zusatzbehandlung machten, waren ein Jahr später seltener schwanger als die anderen. Könnte es also sein, dass manche Methode das Gegenteil bewirkt? Wahrscheinlicher ist eine andere Erklärung, nämlich dass diese Frauen die schulmedizinische Behandlung weniger konsequent mitmachten. Andere Störfaktoren wie das Alter oder die Dauer des Kinderwunsches rechneten die Wissenschaftler bereits heraus.
Kommentare
was soll man hier komentieren?
eh?
Baby-take-home 18% und Risiko Mehrlingsschwangerschaft
Die Baby-Take , d.h. Geburten liegt pro reproduktionsmedizinischen Behandlungszyklus bei etwa 18%. ( bedeutet etwa 82% der Behandlungszyklen sind erfolglos). Mehr als 20% der etablieren Schwangerschaften sind Zwillingsschwangerschaften, die mit mütterlichen und kindlichen Risiken einhergehen.
Bei diesen geringen Erfolgsraten der reproduktionsmedizinischen Behandlung sowie den hohen Risiken sind die Erfolgsraten alternativer Verfahren vergleichend wissenschaftlich zu evaluieren.
Zahlen stimmen so nicht
Die Zahlen, die Sie hier anführen, sind zu pauschal und damit irreführend.
Die Erfolgsquote hängt entscheidend vom Alter der Frau, von der Anzahl der eingesetzten Eizellen und dem Stadium des Einsetzens der Eizelle (z.B. erst im Blastozystenstadium) ab. Bei einem Alter unter 35 Jahren, dem Einsetzen mehrerer befruchteter Eizellen und dem Einsetzen im Blastozytenstadium kann die Erfolgsquote bei 50% pro Versuch liegen. Zudem erhöht sich die Wahrscheinlichkeit auf eine Schwangerschaft bei mehreren Versuchen.
Von einer geringen Erfolgsquote kann somit keine Rede sein.
Ich gebe Ihnen zwar Recht, dass eine Mehrlingsschwangerschaft größere Risiken mit sich birgt, aber die Gefahren sind heute gut in den Griff zu bekommen.
Ich bin im ersten Behandlungszyklus schwanger geworden und nun im dritten Monat schwanger (keine Zwillinge). Ohne die künstliche Befruchtung hätten wir kaum die Chance auf eigenen biologischen Nachwuchs gehabt. Die Anwendung alternativer Methoden halte ich in der Situation der ungewollten Kinderlosigkeit für nicht ratsam, der wertvolle Zeit verloren geht.
Das überrascht nicht wirklich...
...denn alle Methoden aus dem Arsenal der Alternativmedizin konnten ihre Wirkung im Gegensatz zu vielen schulmedizinischen Maßnahmen und allen verschreibungspflichtigen Medikamenten nicht oder nur mittels umstrittener Einzelstudien nachweisen.
Das hindert allerdings viele übersättigte und sinnsuchende Menschen aus den Industrieländern dennoch nicht daran, den alternativmedizinischen Methoden deutlich mehr Glauben zu schenken als Maßnahmen mit nachgewiesener Wirkung wahrzunehmen. Gerne auch mit einer gesunden Portion Skepsis der "Wissenschaft" gegenüber. So kann man wunderbar den eigenen Lifestyle noch durch seinen eso-alternativ-Glauben aufpeppen, individualisieren und sich dadurch so herrlich wichtig fühlen - ist man doch in der Lage, so "aufgeklärt" hinter die Kulissen zu schauen... Allerdings ist den meisten dabei nicht klar, wie sehr die Naturwissenschaften dafür gesorgt haben, Wissen von (Aber)glauben zu trennen. Diese Errungenschaft ist allerdings leider gerade wieder durch fehlgeleitete und pseudointellektuelle Hardcore-Esoteriker, die sich ihre Haltung nur durch ihre Herkunft aus medizinisch abgesichterten Industrieländern leisten können, deutlich auf dem Rückmarsch...
Genau so ist das
Ich unterstreiche Ihr Posting in vollem Umfang.
Vor allem den Punkt, den Sie im letzten Teil ansprechen, und der mir auch immer wieder aufstößt: Eso-Schnickschnack, aber auch viele andere "alternative Heilmethoden" können sich tatsächlich nur wir in unseren medizinisch hochgerüsteten westlichen Ländern leisten, die wir einigermaßen auf der sicheren Seite sind.
Ich verstehe Leute, die auch Angst haben vor der Technik und Medikamentierung, gerade bei Kinderwunschbehandlungen ist ja der Hormoneinsatz nicht ohne. Aber die Erfolgsquoten sprechen für sich, auch wenn es wie überall im Leben eben keine hundertprozentige ist!
Gibts auch billig
Zucker und Salz gibts im Supermarkt für ein paar Cent - oder in der Apotheke (Homöopathie-Zuckerugeln und Schüßlersalze) für viele Euro. Die medizinische Wirkung ist die gleiche.
Clever wer so simple Produkte so teuer zu vermarkten weiß. Selber schuld wer sie kauft.