Aaaaahhhoouuu! Kennt man doch, den Wolf, der bei Vollmond gen Himmel heult. Ist aber ganz klar ein Mythos. Canis lupus ruft den Erdtrabanten an, so oft er will, die Mondphase spielt da keine Rolle. Dabei gibt es viele Tiere, in denen tatsächlich eine lunarzyklische Uhr tickt. Meist sind dies marine Arten oder auch Galapagosleguane. Deren biologischer Rhythmus hat sich an die Meeresgezeiten angepasst, die der Mond bekanntlich maßgeblich beeinflusst. Das bringt ihnen zum Beispiel mehr Futter, da sie wissen, wann das Wasser weicht und wieder zurückkehrt.
Zu den Tieren mit so einem Rhythmus zählt der Mensch sich bislang nicht. Auch wenn viele Exemplare dieser Spezies hartnäckig davon überzeugt sind. "Etwa 40 Prozent beklagen, dass sie während bestimmter Mondphasen schlechter schlafen", sagt der Chronobiologe Christian Cajochen, der an der psychiatrischen Uniklinik in Basel forscht.
Das brachte ihn und Kollegen eines Vollmondabends nahe dem Baseler Rheinufer in einer Bar bei alkoholischen Getränken auf eine Idee. Zusammen mit Studenten wertete Cajochen eine zehn Jahre zurückliegende Schlaflaboruntersuchung neu aus. Deren 33 Probanden hatten sich damals im Schnitt
für 3,5 Tage in die Hände der Wissenschaft begeben. Erforscht wurde seinerzeit der
tägliche Schlaf-Wach-Rhytmus, über den der Mensch zweifellos verfügt. Die alten Daten verglich Cajochen nun mit den herrschenden Mondphasen, zu denen sich die "sehr gesunden", nicht rauchenden und auch keine Drogen nehmenden Teilnehmer einst zur kontrollierten Nachtruhe in der Klinik eingefunden hatten.
"Niemand hat sie damals gefragt, ob sie mondsüchtig seien", sagt Cajochen. Gute Voraussetzungen also, um nach lunaren Einflüssen zu fahnden. "Wir haben nicht erwartet, etwas zu finden."
Falsch gedacht. In den Daten zeigte sich nach dem Mondvergleich: Während Vollmondphasen sank die von Elektroden aufgezeichnete Hirnaktivität der Teilnehmer in Tiefschlafperioden um 30 Prozent. Zudem brauchten die beobachteten Schläfer fünf Minuten länger, um einzunicken. Die Gesamtlänge ihres Schlafs reduzierte sich zudem bei Vollmond um 20 Minuten. Das Magazin Current Biology veröffentlichte die Ergebnisse nun.
Studie ohne praktische Relevanz
Stört Luna also tatsächlich auch abseits des Aberglaubens unseren Schlaf? Der Schlafforscher Jürgen Zulley ist da skeptisch. Bisherige Untersuchungen hätten keinerlei Einfluss der Mondzyklen auf unsere Nachtruhe entdeckt. In der aktuellen Auswertung gehe es auch vielmehr um langfristige Monatsrhythmen und gar nicht um die Frage: Schlafen wir bei Vollmond schlecht? Außer esoterischen Hinweisen gibt es da nichts. Wer dran glaubt, er schlafe schlecht, erlebe auch selbsterfüllende Prophezeiungen.
"Ich kann nur annehmen, dass die meisten Probanden eher weniger esoterisch waren", sagt Studienleiter Cajochen. Unter den 17 jüngeren Menschen, die an der Untersuchung vor einem Jahrzehnt teilnahmen, waren vor allem Studenten. "Deren Hauptmotiv ist meist das Geld." Eine naheliegende Spekulation, denn ein paar Nächte im Labor werden ordentlich entschädigt. Im Schnitt gaben die Teilnehmer ohnehin an, meist gut geschlafen zu haben. Mit gutem Willen kann man also davon ausgehen, dass die meisten beobachteten Schläfer nicht besonders mondgläubig waren.
Letztlich sei die Auswertung ihrer Schlafqualität aber dennoch "nicht beeindruckend", sagt der Schlafforscher Zulley. "Ob man nun fünf Minuten länger braucht zum Einschlafen, merkt man nicht." Auch 20 Minuten weniger Schlaf liege im normalen Bereich, der sich vom Zufall nicht trennen lässt. Die Studie sei gut durchgeführt, die Beobachtung statistisch signifikant. "Die praktische Relevanz kann man aber völlig vergessen."
Kommentare
Wieso nur Licht?
Also ich kann von meiner Seite aus sagen, dass ich zu Vollmondphasen schlechter schlafe. Wenn der Mond ganze Meere versetzen kann, für Ebbe und Flut verantwortlich ist, und der Menschliche Körper zu 80% aus Wasser besteht, dann wird sich das doch sicher irgendwie bemerkbar machen oder?
Eben nicht nur Licht
Liebe(r) dëfr,
Die gestörte Nachtruhe in aktiven Mondphasen kann sich jedenfalls nicht nur mit den Lichtverhältnissen erklären (wenn überhaupt). Mit einem lunaren Einfluss auf die irdische Gravitation auch eher nicht. Die ist auf dem Festland jedenfalls nicht zu spüren.
Die Frage bleibt ja auch, wozu eine Mondfühligkeit nötig wäre. Ich glaube bei schlechtem Schlaf auch eher an die selbsterfüllende Prophezeiung. Weiß ich, es ist Vollmond, erinnere ich mich, dass da doch viele schlecht schlafen und ich schlafe dann zum Teil auch schlechter.
Wozu es nötig wäre - die Frage stellt sich allerdings auch...
Wozu es nötig wäre - die Frage stellt sich allerdings auch in das Teilnehmen an einer weitverbreiteten Lügenkampagne. Wozu muß man sich vorlügen, gelegentlich schlechter zu schlafen, und dann eben dadurch bedingt auch schlechter zu schlafen, wenn man gut schlafen könnte - sofern man sich nur schlicht nichts vorlügen würde?
Was bringt es, zu den "Mondfühligen" zu gehören, das eine Zunahme an Kindern (oder eine bessere Aufzucht derselben) zur Folge hätte? Daß eins der Elternteile regelmäßig müde und schlecht gelaunt ist? Härtet das die Kinder ab? Macht es ihr Leben besser, indem sie lernen, mit unausstehlichen Typen auskommen zu müssen? Wenn man das wenigstens machen könnte, wann immer einem danach ist, aber es muß ja um Vollmond sein, sonst zieht die Masche nicht. ("Erdfelder-Fühligkeit" etwa wäre da um Längen flexibler!)
Es wäre doch einfacher und zielführender, sich an all' die klugen Untersuchungen zu klammern, die sagen: "Gibt's nicht!", und fortan gut zu schlafen, ausgeschlafen und wohlgelaunt mit seinen Mitmenschen umzugehen und den Mond einfach auf sich beruhen zu lassen.
Mondfühligkeit hat offenkundig keine Vorteile, aber massive persönliche und gesellschaftliche Nachteile. Wenn sich trotzdem ewig hält, daß es sie gibt, könnte die einfachste Erklärung sein, *daß* es sie nun einmal gibt.
MGv Oyamat
Meiner Erfahrung nach
geht es dabei meistens darum sich wichtig zu machen. Und dann wird mit diesem Beispiel im gleichen Atemzug irgendwelcher Esokram gerechtfertigt.
Demente in Altersheimen
Ein guter Freund von mir hat lange in einem Altenheim gearbeitet. Die Pfleger waren alles eher nüchterne Menschen und in seiner Station waren vorwiegend Demente, die eher weniger zu planvollem Handeln in der Lage waren. Die meisten Katastrophen: Krankheit, Agression, Bett einnässen usw. kamen bei Vollmond vor. Obwohl die Bewohner bestimmt nicht auf Mondkalender geguckt haben. Die Pfleger meistens auch nicht. Aber wenn es eine besonders chaotische Nacht gab, dann war es rückwirkend betrachtet meistens Vollmond.
Mal im Ernst: Vielleicht könnte man mal die Nachtprotokolle von Demenzstationen auswerten, um eine hinreichend große Zahl von Versuchen zu bekommen.
Würde mich selber sehr interessiern, ob mein Freund damals recht hatte. Ich habe es ihm jedenfalls nicht so recht geglaubt und auch er selbst nicht so recht. Ihn würde es wahrscheinlich auch interessieren.
Übrigens änderst sich sehr wahrscheinlich die Farbwahrnehmung von Wirbeltieren mit den Mondphasen. Es gibt Fische, die stehen normalerweise senkrecht im Wasser, lassen sich aber durch seitliches Licht ablenken, so dass sie dann letztlich schräg stehen. Die reagieren unterschiedlich auf das Licht in Abhängigkeit von den Mondphasen.
Aus der Evolution ließe sich das relativ plausiebel ableiten, da bei Vollmond gut oder zumindest länger Jagen ist.
Subjektive Wahrnehmung
Das nennt sich subjektive Wahrnehmung. Deswegen passieren solche Dinge besonders bei Vollmonden. Und deswegen steht auch jeder von uns grundsätzlich fast immer an der langsamten Kasse im Supermarkt an ;-)
Sprache und ihre bedeutung
der interessierte Leser kann sich mal den Unterschied zwischen
lunatic und insane
überlegen.
Das ist nicht auf meinem Mist gewachsen sondern von Herrn
Haruki Murakami in seinem Buch 1q84.
prost Mahlzeit