Zwischen den Krankenkassen und der Pharmaindustrie hat es wieder geknallt. In der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung ereiferte sich der Chef der AOK-Niedersachsen über ein neues Medikament, das Hepatitis-C-Infektionen bekämpft: Sovaldi. "Es darf nicht sein, dass ein einziges Medikament, welches in der Herstellung geschätzt 100 Euro (…) kostet, zu einem Preis von 60.000 Euro abgerechnet wird", schimpft Jürgen Peter. Erst recht, da es sich um ein Mittel handle, das gegen den ausdrücklichen Wunsch der gesetzlichen Krankenversicherungen in den Leistungskatalog aufgenommen wurde.
Das Problem: Die Pille mag mit 700 Euro pro Stück überteuert sein, sie hilft jedoch weit besser als alle bisherigen Therapien. Und so stellt sich die Frage: Wie viel darf die Gesundheit kosten?
Unter Spezialisten gilt Sovaldi, das auf dem Wirkstoff Sofosbuvir basiert, als medizinischer Durchbruch. "Rund 90 Prozent aller Hepatitis-C-Erkrankungen lassen sich damit heilen", sagt Stefan Ross, Leiter des Nationalen Referenzzentrum für Hepatitis-C-Infektionen am Uniklinikum Essen.
Für die Virus-Erkrankung gibt es – anders als bei den Typen A und B – keine Impfung. Das Virus verhält sich tückisch: Einmal über das Blut übertragen, setzt es sich in der Leber fest und beginnt sie ganz langsam zu zersetzen. Etwa 300.000 Menschen leben in Deutschland mit der Infektion, meist bleibt sie so lange unbemerkt, bis sich die Leber chronisch entzündet. "Rund 20 Prozent von diesen Menschen erleiden später schwerwiegende Lebererkrankungen", sagt Ross.
Pille statt Spritze für Hepatitis-C-Kranke
Bisher waren die Patienten auf Spritzen angewiesen. Die Kombinationstherapien enthalten das nebenwirkungsreiche Hormon Interferon und dauern bis zu 72 Wochen. Der Erfolg liegt je nach Virusart bei 80 Prozent oder sogar bloß mäßigen 45 Prozent.
Nun gibt es mit Sovaldi eine leicht einzunehmende Pille, die weit schneller wirkt. Innerhalb von zwölf Wochen schaltet sie drei der vier Virentypen in Kombination mit anderen Präparaten aus, indem sie das Virus daran hindert, sich zu vermehren. Für zwei andere Virentypen muss der behandelnde Arzt zwar noch immer zum umstrittenen Interferon greifen, doch in Kombination mit der Pille nur für maximal 12 Wochen, heißt es in der Produktbeschreibung.
Dementsprechend groß war die Begeisterung unter Ärzten. Auf einer Fachkonferenz im Jahr 2012 sprach der britische Hepatitis-Forscher Graham Forster von der Queen Mary University in London gar davon, dank der neuen Mittel lasse sich die Infektionskrankheit gänzlich ausrotten. Doch diese Vision hat Anfang des Jahres einen Riss bekommen. Da nämlich kam das Mittel in den USA auf den Markt und der Hersteller Gilead offenbarte, was eine solche Zukunft kosten solle: 84.000 Dollar für eine 12-wöchige Therapie, 60.000 Euro in Europa. Wohl weil Gilead selbst elf Milliarden Dollar auf den Tisch legte, um das Medikament zu erwerben.
Seitdem streiten die Gesundheitsexperten über das Gebaren des Herstellers. Eine Gruppe von US-Fachleuten, die die Wirkung von Medikamenten bewerten, appellierten gar dafür, dem Mittel einen "geringen Nutzen" zuzuschreiben, weil es zu teuer ist. Dem wollten sich die hiesigen gesetzlichen Krankenversicherungen wohl gern anschließen. Doch der GBA – der Ausschuss aus Kassen, Kliniken und Ärzten, der über den Leistungskatalog bestimmt – winkte ab.
Kommentare
Ein Armutszeugnis für die Gesundheit!!!!
Warum lasst ihr euch - gemeint die Krankenkassen - so vorführen. Wenn die Herstellung nur 100 € kostet - kann nicht auf diese Art für die Pharmaindustrie als Einzelpille 700 Euro kosten. Verklagt sie doch bis zur letzten Instanz des Europäischen Gerichtshofes. Der Mensch und seine Hilfe darf nicht zur unbezahlbaren Ware werden. Und es kann nicht sein, dass 6 % der Deutschen weil sie ihre Geldbörse voll haben - es sich leisten können!!!!
Gibt es nicht den.......
Wucherparaphen in unserem Recht? Wo bleibt der Ankläger - Die Staatsanwaltschaft? Schlafen diese Leute in ihren Beamtenstuben?
Falsche Frage!
Die Frage ist nicht wieviel Gesundheit kosten darf, denn kein Mensch würde sagen:
"Ist mir zu viel, da sterbe ich lieber!"
Die Frage sollte lauten, wieviel darf man mit Gesundheit verdienen.
Im Artikel steht das die Hersteller 11 Milliarden(!) dafür bezahlt, aber es wird nicht erwähnt wieviel die Forschung selbst gekostet hat.
Und genau da muss man ansetzen.
Das Gilead ihr Geld plus Redite wieder haben wollen ist klar, so funktioniert Kapitalismus.
Wieviel das aber ist und ob das gerechtfertigt ist will niemand in Frage stellen, weil man dann an einem Heiligtum des Wirtschaftssystems rütteln würde.
Zahlen, ja gerne!
Doch, das darf sein. Und zwar auf jeden Fall dann, wenn die zu erwartenden Kosten für die Gesamtheit der HepC Behandlungen mit neuem Medikament geringer sind als die mit den bisherigen Behandlungsmethoden (natürlich unter Berücksichtigung der stark erhöhten Kosten bei Komplikationen) plus der Volkswirtschaftliche Schaden durch längere Krankheitszeiten und eventuelle Witwen- und Waisenrenten und was weiss ich da noch alles dazukommt.
Dann darf das wegen mir sogar gerne so sein, da der Hersteller auch viel Geld damit verdienen darf, solange es der Allgemeinheit netto nützt.
Der Hersteller ist natürlich nicht blöd und wird das genau so gerechnet haben und dann noch so viel draufgeschlagen haben, wie er meint, dass er gerade noch kriegen kann, weil es den Leuten ja auch _besser geht_ und das uns allen auch viel Wert zu sein hat.
Das nenne ich mal provokativ die "Giermarge" und über die muss man reden finde ich.
Aber dafür müsste sich jemand ein paar Tage Zeit nehmen und das mal abschätzen und das veröffentlichen.
Wobei die Strategie, Stimmung gegen die Pharmakonzerne zu machen, auch nicht schlecht ist: Wenn sie fürchten müssen, dass aufgrund allgemeinen Unmuts ein Gesetz gemacht wird, das ihre Urheberrechte einschränkt, würden evtl. weniger krasse Preise verlangt...
tl;dr: Ein Medikament darf beliebig viel kosten, solange es einen gesamtwirtschaftlichen Nutzen hat.
Hier muss dringend ein Flatrate her
... alle machen es vor und auch die 'Adv...card' ist Anwalts Liebling.
Liebe Krankenversicherungen:
Kommt aus den Puschen und ab in die Flatrate!
Der erste Anbieter wird der Held der echten und gefühlten Kranken sein
> traut euch - der Zustrom wird riesig sein! Und für Stufe Zwei wäre dann eine 'Welcome-Prämie' für Neukunden ein probates Mittel zur Kundengewinnung.
Das alles und noch viel mehr ist doch kein Neuland.