"HIV-Prävention ist jetzt viel einfacher – PreP sorgt dafür, dass Sie HIV-negativ bleiben." So wirbt die Gesundheitsbehörde des Staates New York zurzeit auf Plakaten. Junge Männer und Frauen stehen vor einem rot-violetten Hintergrund, die Seite prepforsex.org verspricht weitere Informationen. Kleingedruckt auf dem Plakat empfiehlt die Behörde zum Schutz gegen andere sexuell übertragbare Krankheiten weiterhin Kondome zu verwenden.
Eine Pille am Tag, um sich auch bei ungeschütztem Geschlechtsverkehr mit HIV-Infizierten nicht selbst mit dem Aids-Virus anzustecken. Darum geht es. Doch ist die Prävention per Medikament wirklich sinnvoll? Was die New Yorker Gesundheitsbehörde bewirbt, ist nicht ganz neu: hinter PreP, der Präexpositionsprophylaxe, steckt Truvada. Die Arznei wird bisher vor allem in der Therapie von Menschen mit dem HI-Virus eingesetzt. Hergestellt wird sie vom Pharmakonzern Gilead.
Vor fünf Jahren fanden Wissenschaftler heraus, dass Truvada eine Ansteckung mit dem HI-Virus mit fast hundertprozentiger Sicherheit verhindern kann, bei regelmäßiger Einnahme. Seither verschreiben es immer mehr amerikanische Mediziner zur Vorbeugung. Nach weiteren Tests wurde das Medikament 2012 schließlich von der Bundesbehörde FDA offiziell für diesen Zweck zugelassen. Truvada ist aber kein Ersatz für Safer Sex. Die Pille schützt weder absolut vor dem HI-Virus noch vor anderen Krankheiten, mit denen man sich beim Geschlechtsverkehr anstecken kann.
Ungewöhnlich ist es schon, dass New Yorks Gesundheitspolitiker nun so offensiv Werbung für ein bestimmtes Medikament machen – noch dazu, wenn es bis dato nur von einem einzelnen Hersteller verfügbar ist. Gilead macht damit ordentlich Kasse: Unversicherte würde die Behandlung bis zu 14.000 US-Dollar im Jahr kosten. Das Unternehmen hat also ein großes Interesse daran, dass möglichst viele Menschen das Medikament als Hoffnungsträger im Kampf gegen Aids ansehen.
Die Wirksamkeit der HIV-Prophylaxe rechtfertigt aus Sicht der New Yorker Behörde eindeutig die Werbung, sagt ein Sprecher ZEIT ONLINE. Man wolle die Behandlung so bekannt wie möglich machen, denn sie könne viele Leben retten. 50.000 Neuansteckungen mit dem HI-Virus gibt es pro Jahr allein in den USA. Diese Zahl soll sinken. Und PreP soll dabei helfen.
Partner von HIV-Infizierten leben in täglicher Angst
Michael aus New York lebt seit sieben Jahren mit seinem HIV-positiven Freund zusammen. Der steht mitten im Leben, arbeitet, reist viel und feiert gern. Das Virus ist in seinem Blut zurzeit nicht mehr nachweisbar – weil er früh genug zum Arzt gegangen ist, eine antiretrovirale Therapie unter optimalen Bedingungen angefangen hat, die sein Immunsystem so gut es geht stärkt. Aber das bedeutet nicht, dass er nicht mehr HIV-infiziert ist – und es heißt nicht, das Michael sich nicht anstecken kann. "Da war immer eine permanente Angst im Hintergrund, in meinem ganzen Liebesleben, auch schon vor der Beziehung. Man weiß immer, Kondome können kaputt gehen und das passiert oft genug. Das hat mich schon gehemmt und eingeschränkt und ich weiß, dass es vielen meiner Freunde auch so geht," sagt Michael.
Als er von PreP hörte, habe er trotzdem erst abgewartet, sagt Michael. Er wollte mehr wissen, zum Beispiel, ob es Nebenwirkungen gibt. Die sollen laut der New Yorker Gesundheitsbehörde gering sein – leichte Übelkeit, Gewichtsverlust und leichte Kopfschmerzen würden am häufigsten berichtet. "Ich habe bei der Arbeit Kollegen gefragt, die das Medikament schon länger nahmen. Und als es dann mehr Untersuchungen gab und mein Arzt es empfohlen hat, habe ich angefangen, es zu nehmen", sagt Michael.
Er fühlte sich die ersten zwei Wochen etwas schwach, erzählt er. Dann verschwanden diese Nebenwirkungen, der Körper gewöhnte sich an das Medikament. Die PreP-Behandlung ist dabei mehr als die bloße Einnahme von Truvada: alle drei Monate soll der Patient sein Blut testen lassen, zudem werden die Leberwerte überwacht. Inzwischen nimmt Michael Truvada seit einem Jahr und fühlt sich wohl. Seine Krankenkasse zahlt die PreP-Behandlung – wie viele Versicherungen in den USA. Auch die öffentliche Versorgung über Medicaid unterstützt die Präventionsstrategie.
Kommentare
Fast(!) 100 Prozent hört sich besser an als es ist.
99% würde bedeuten das man sich bei normaler Sexualität höchstwahrscheinlich innerhalb eines Jahres anstecken wird. Bei 99,9% wären es dann 10 Jahre.
Eine Wette die ICH nicht eingehen würde...
Wahrscheinlichkeitsrechnung!
Da steckt bei Ihnen aber leider ein kleiner Rechenfehler drin.
100 mal eine Wahrscheinlichkeit von 1% bedeutet nicht, dass man quasi 100% bei 100 "Versuchen" hat.
Mathematisch berechnet sich die Wahrscheinlichkeit, bei 100 Versuchen genau 0 rote Socken aus einer Schublade mit 99 schwarzen und einer roten Socke zu ziehen, aus 0,99^100, was gerundet 37% entspricht.
Ist zwar auch nicht wirklich rosig, aber keine "höchstwahrscheinliche" Ansteckung!
Nebenwirkungen
"Sehr häufige Nebenwirkungen: Phosphatmangel im Blut, Kopfschmerzen, Schwindelgefühl, Durchfall, Übelkeit und Erbrechen, Hautausschlag, erhöhte Kreatinkinase, Schwäche.
Häufige Nebenwirkungen: Mangel an Neutrophilen im Blut, allergische Reaktion, Blutzuckerüberschuss, Blutfettüberschuss (Triglyceride), Schlaflosigkeit, abnorme Träume, erhöhte Enzym-Werte im Blut (ASAT, ALAT, Transaminasen, Amylase, Lipase), Juckreiz, Nesselsucht, Dunkelfärbung der Haut, Überschuss an Bilirubin im Blut, Bauchschmerzen, Verdauungsstörungen, Völlegefühl, Blähungen, Schmerzen.
Wer möchte sich das dauerhaft antun, nur um auf Gummis zu verzichten, aber dafür in den "möglichen Genuss" "anderer" Geschlechtskrankheiten zu kommen?
Über diese Nebenwirkungen
freuen sich: Richtig, der Rest der Pharmabranche und natürlich deren Aktionäre.
Durch die erforderliche regelmäßige Einnahme des Medikaments, bleibt Gelead jedenfalls gesund.
Die Branche weiß was erforderlich ist, um ein "Perpetuum mobile" in Gang zu setzen; Hoffnung auf ewige Gesundheit versprechen, egal wie man lebt. Für alles gibt es eine Pille, für Frauen die keine "Lust" haben, Männer mit Erektionsstörungen und Männer mit einer "Gummiallergie".
Gilead Science gehört Donald Rumsfeld
Anthrax, Schweinegrippe, Tamiflu....klingelt da was ?
Gilead Science Umsatz ca 24 Milliarden
Wer verdient daran ? Mal raten.
Und wer ist der CEO ? Donald Rumsfeld
Auch hier ist was Interessantes:
http://ahrcanum.com/2009/...
Schön, dass wenigstens jemand an dieser "Seuche" verdient.
Das sind dann immerhin 2454,85 € im Monat, alleine für ein Truvada-Rezept.
Das Desaster bei unregelmäßiger Einnahme
Ein im Artikel benanntes Problem ist die regelmäßige Einnahme, deren Nichteinhaltung als "Desaster" bezeichnet wird. Hintergrund: Truvada hebt die Schwelle, ab der eine Infektion erfolgen kann. Vereinfacht kann man sagen: ohne Truvada reichen 10 Viren, mit braucht man 1000 und mehr (wobei die Zahlen wirklich nur der Vereinfachung dienen).
Leider ist HIV kein einheitlicher Virenstamm, es gibt viele Unterarten und auch manche resistente und schwerwiegende. Und genau die schaffen es über die Mauer, wenn sie nicht hoch genug ist, weil man gestern keine Pille genommen hat. Im Ergebnis hat man dann HIV mit resistenten Viren, was die Medikamentierung erheblich erschwert.
Es gilt nach wie vor: Kondome schützen. Alles andere ist ein Spiel mit hohem Risiko, bei dem man auf Dauer nur verlieren kann.
@ 4: SafER nicht Safe Sex!
Es gilt nach wie vor: Kondome schützen. Alles andere ist ein Spiel mit hohem Risiko, bei dem man auf Dauer nur verlieren kann.
Im Englischen heißt es zu Recht "Safer Sex" und nicht "Safe Sex". Auch Kondome verhindern eine Ansteckung nicht zu 100%, sondern verringern nur ganz stark das Ansteckungsrisiko. Genauso wie es auch mit Kondomen trotzdem noch ein paar Schwangerschaften gibt, bietet ein Kondom auch keine 100% Sicherheit gegen eine Ansteckung, bspw. kann das Kondom reißen oder Körperflüssigkeiten können bspw. über die Hände auf die Außenseite des Kondoms gelangen.
Wirklich 100% ausgeschlossen ist allerdings die Übertragung von HIV beim Sex mit HIV-negativen Personen. Eine sorgsame Wahl des Partners und regelmäßige Tests können auch ohne Kondom weit sicherer sein, als ein blindes Vertrauen in Kondome oder Truvada.
Ansonsten teile ich ihre Bedenken bezüglich der Resistenzentwicklung, wenn wegen Truvada auf Kondom verzichtet wird. Eine Behandlung solcher Infektionen könnte dann noch schwieriger werden.