Sex ist für viele Menschen in unserer Gesellschaft heutzutage leichter zu haben als je zuvor. Wie sich verhindern lässt, dabei ungewollt ein Kind zu zeugen oder schwanger zu werden, wissen die meisten. Doch wenn es darum geht, welche Viren und Bakterien man sich einfangen kann, ist das Wissen lückenhaft. Darüber zu reden, ist trotz aller Aufklärung vielen peinlich. ZEIT ONLINE widmet sich deshalb in einem
Safer-Sex-Schwerpunkt der Frage: Wie bleibe ich beim Sex gesund?
Sind Sie eine Frau unter 25? Dann haben Sie mit einer Wahrscheinlichkeit von eins zu 20 eine Chlamydieninfektion (Bundesgesundheitsblatt: Bremer et al., 2017). Sind Sie ein Mann und haben Sex mit Männern? Dann liegt Ihr Durchschnittsrisiko, sich unbemerkt mit Gonokokken im Rachen anzustecken, bei rund zehn Prozent (BMJ STI: Dudareva-Vizule et al., 2013). Ob und womit sich Menschen tatsächlich infizieren, hängt maßgeblich von ihrem Sexleben ab. Was grundsätzlich gilt: Sexuell übertragbare Krankheiten sind kein Nischenthema. Im Gegenteil: So manche Infektion mit Viren, Bakterien oder Parasiten wird in Deutschland wieder häufiger. Deshalb hat ZEIT ONLINE in diesem Glossar Informationen zu den häufigsten sexuell übertragbaren Krankheiten zusammengestellt:
Lesen Sie die Übersicht zum Sexuell übertragbare Krankheiten in einer optimierten Fassung.
Syphilis etwa hat einen Aufstieg sondergleichen hingelegt. Waren die Ansteckungszahlen seit den Siebzigerjahren kontinuierlich gesunken, steigen sie seit 2001 wieder an. Seit 2010 sogar rapide. Ein anderes Beispiel ist Tripper, ausgelöst durch Bakterien, die Gonokokken. Die Zahl der Fälle stieg zwischen 2008 und 2015 in Europa auf das Zweieinhalbfache (ECDC Surveillance Report, 2018). Auch hierzulande dürfte sich der Erreger stark verbreitet haben, darauf deuten Zahlen aus Sachsen hin, wo die Erkrankung meldepflichtig ist (Epidemiologisches Bulletin, 2013; pdf).
Wie groß also ist das Risiko für welche Krankheit? Weil in Deutschland nur Fälle von HIV und Syphilis dem für Infektionskrankheiten zuständigen Robert Koch-Institut (RKI) gemeldet werden müssen, lässt sich das nicht genau sagen. Außer Stichproben, Modellrechnungen und freiwilligen Labornetzwerken gibt es nur wenig Daten. Als gesichert gilt aber: Das allgemeine Risiko, sich eine der zahlreichen Infektionen einzufangen, wächst.
Ein Grund ist, dass junge Menschen heute durchschnittlich früher im Leben das erste Mal Sex haben und dazu vielfältige Praktiken ausprobieren. Das zeigt beispielsweise eine große Studie aus Großbritannien (Journal of Adolescent Health: Lewis et al., 2017): Dort gab von den 16- bis 24-Jährigen jeder vierte heterosexuelle Mann und jede fünfte heterosexuelle Frau an, im vergangenen Jahr vaginalen, oralen und analen Sex gehabt zu haben. Im Jahr 1990 war es noch eine von zehn Personen gewesen. Auch in einer deutschen Studie, die Studierende in den Jahren 1966, 1981, 1996 und 2012 befragte, konstatieren die Autoren, dass diese "im Jahr 2012 eine stärkere sexuelle Erlebnisorientierung" gehabt hätten als noch früher (Zeitschrift für Sexualforschung: Dekker & Matthiesen, 2015).
Dass der Aids auslösende Erreger HIV durch Berichte über bessere Therapien in der Öffentlichkeit ein wenig von seinem Schrecken verloren hat, könnte ebenfalls zur Ausbreitung anderer Geschlechtskrankheiten beigetragen haben. Untersuchungen deuten jedenfalls darauf hin, dass einige Männer, die mit Männern schlafen, infolge dieses Trends seltener mit Kondom verhüten (Lancet HIV: Holt et al., 2018).
Tatsächlich ist eine HIV-Infektion anders als in den Neunzigerjahren heute gut behandelbar. Wer sich konsequent an seine Therapie hält, wird im Schnitt nicht nur genauso alt wie Nichtinfizierte, sondern senkt auch das Risiko, das Virus beim Sex zu übertragen auf nahezu null (Lancet HIV: ART Collaboration, 2017). Vorausgesetzt, die Infektion wird rechtzeitig entdeckt. Auch die Präexpositionsprophylaxe, kurz PrEP, hat Einfluss darauf, wie konsequent Männer, die miteinander schlafen, Kondome nutzen. Denn mit PrEP kann sich der Partner eines Infizierten medikamentös relativ gut vor Ansteckung schützen. Doch all das sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Infektionsrisiko in Deutschland keineswegs sinkt: Die Zahl der Neuinfektionen mit HIV ist seit über zehn Jahren nahezu unverändert. Zumindest unter Männern, die Sex mit Männern haben, hat sie – wohl auch dank Prep – abgenommen.
Andere Erreger, wie etwa das humane Papillomavirus (HPV), haben Medizinerinnen und Mediziner noch gar nicht so lange auf dem Schirm. In den Achtzigerjahren entdeckte der deutsche Forscher Harald zur Hausen, dass diese Erreger Gebärmutterhalskrebs und Krebs in Mundhöhle und Rachen provozieren. Erst seit er 2008 dafür mit einem Nobelpreis geehrt wurde, ist das mehr Menschen bekannt – heutzutage zahlen Krankenkassen die HPV-Impfung für Mädchen und Jungen. Das Glossar in diesem Artikel klärt über Risiken, Vorbeugung und Behandlungsmöglichkeiten auf.
Kommentare
Vielleicht ist an der religiösen Sexualmoral doch nicht alles schlecht.
Weniger Partner, besser schützen und selbstbewusst sein.
Wenn eine heute 18 jährige kein Analsex will und nicht gerne jede Bekanntschaft mit ins Bettt nimmt, fragt diese sich ob sie nicht ein Problem hat.
Ich denke nicht, dass die religiöse Sexualmoral der Heilige Gral ist - verhüten werden die Triebtäter der Kirche wahrscheinlich eh nicht...
Beim Rest gebe ich Ihnen aber Recht.
Weniger ist manchmal mehr.
1mal Kondom
Dann testen lassen, dann ohne.
Ein Restrisiko bleibt so oder so immer
Und bevor ich mir Lecktücher besorge guck ich lieber Pornos.
*Denn mit PrEP kann sich der Partner eines Infizierten medikamentös relativ gut vor Ansteckung schützen. *
Nicht relativ gut, der Schutz ist statistisch auf dem Level von Kondomen.
Das Problem ist bei den meisten Sachen nicht die Infektion, es ist das sehr sehr sporadische Testen. Ich und jeder andere schwule Mann welchen Ich kenne kann mindestens relativ genau sagen wann er das letzte Mal auf STIs getestet wurde und es ist auch nicht Jahre her, bei meinen heterosexuellen Freunden trifft das auf keinen Einzigen zu.
Na das hört sich fast diskriminierend an und erklärt auch nicht das höhere Ansteckrisiko von schwulen Männern. Bei einem so pflichtbewussten Umgang mit Tests müssten Geschlechtskrankheiten und HIV bei Schwulen fallen, die Realität zeigt da in eine andere Richtung.
Jupp. Viele Heterosexuelle denken eben, dass Geschlechtskrankheiten nur was für Homos sind. Dazu trägt auch das unsägliche Mantra bei, dass Homosexuelle per se anfälliger seien für Krankheiten.
Nun sind aber z.B. in Afrika vor allem Heterosexuelle mit HIV infiziert.
Entfernt. Bitte bleiben Sie beim Thema. Danke, die Redaktion/rc
Nous sommes en Allmangne mon ami.
Afrika ist weit weg und wir diskutieren über das Phänomen bei uns und nicht in Afrika, Südamerika oder Russischen Föderation.
Ach, und was ist dann mit den Männern, die sich infizieren? Sie tun so, als seien es vor allem Frauen. Die müssen sich aber auch erst angesteckt haben.
Das Ansteckungsrisiko hängt sicher weniger mit der sexuellen Orientierung als vielmehr mit den Sexpartnern und den sexuellen Praktiken sowie den Maßnahmen zur Vermeidung von Ansteckung zusammen.
Männer können sich auch bei Frauen anstecken
"das unsägliche Mantra bei, dass Homosexuelle per se anfälliger seien für Krankheiten."
Ohne das diskriminierend zu meinen, aber das ist schon so. Natürlich nicht aus biologischen Gründen, sondern durch das erheblich strärker promiskuitive Verhalten in der schwulen Szene. Nicht umsonst wird in der Wissenschaft extra mit der Kategorie "MSM" hantiert (Männer, die Sex mit Männern haben). Mehr Sexualpartner + mehr riskantes Verhalten = mehr Ansteckungsgefahr. Anonymer, einmaliger Schnellsex ist nun mal primär ein Phänomen der Homosexuellen.
Das ist aufgrund der generell geringen Ansteckungsquote bei heterosexuellem Geschlechtsverkehr und der Art der Übertragungswege ausgesprochen selten.
Wenn dann eher anders herum.
"...das unsägliche Mantra bei, dass Homosexuelle per se anfälliger seien für Krankheiten...." Das habe ich noch nie gehört.
weil es fucking teuer ist und privat bezahlt werden muss (!). weil für heterosexuelle keine Aktionen gefahren werden, sich kostenlos testen zu lassen. weil heterosexuelle sich gegenseitig keine Ärzte empfehlen können, die erfahrung mit breitband-sti-Tests haben.
IWrklich, ich würde morgen hingehen, wenn ich von einer Aktion wüsste, bei der ich mich kostenlos testen lassen kann. Das letzte mal, als ich darüber nachgedacht habe, fiel irgendwo ein Betrag von ca. 120€.
Das ist teurer als ne Zahnreinigung, das sind fast 3 Monate meiner Stromrechnung. Das ist weit jenseits der Portokasse, und da ich als Frau eh immer Sex mit Kondom habe, noch nie irgendwelche Symptome hatte, die auf eine sti hindeuten, und nur so alle Jahre mal nen anderen Geschlechtspartner habe - bei ner aktuelle Quote von vielleicht 12 Mal Sex im Jahr: Bin ich nicht bereit, so viel Geld für einen Test zu zahlen, der mit sehr sehr hoher Wahscheinlichkeit nur bestätigen wird, was ich vermute: ich hab nix.
Es kommt allgemein bei "hoher" Reibung zur Übertragung. (Mikrowunden auf beiden Seiten zwecks Blutaustausches).
Da diese bekanntlich bei Analverkehr bedeutend höher ist als beim Vaginalverkehr ist die durchschnittliche Ansteckung bei Schwulen deutlich höher.
Bei Heteros für die Analsex immer dazugehört, sieht das natürlich nicht anders aus.
Einfach Blutspenden gehen da wird das alles getestet ist kostenlos und rettet leben
*weil es fucking teuer ist und privat bezahlt werden muss (!).*
Blödsinn. Jedes Gesundheitsamt testet die Standards für umme. Die meisten Aidshilfen testen HIV für umme und Syphilis und Co gegen eine sehr überschaubare Kostenbeteiligung.
Das einzige was teurer sein kann sind Chlamydien Abstriche, aber auch da nicht unbedingt.
Es ist zwar korrekt dass es spezielle Programme gibt (Ich zahle lokal beim Gesundheitsamt alle 3 Monate als PrEP Nutzer für HIV+Chlamydien+Syphilis+Hep+Gonokokken nen 20er) aber das geht schon alles wenn man will.
Kein normaler Mensch zahlt dreistellige Beträge für die IGEL-Leistung beim Hausarzt.
Sorry, aber auch für Homosexuelle sind Tests nicht per se umsonst. Beziehungsweise sind solche Tests für jeden kostenlos, wenn es einen Verdachtsmoment gibt. Gehen Sie einfach zum Arzt, erzählen Sie ihm was von einem Risikokontakt, bei dem Sie im Nachhinein ein seltsames Gefühl haben und schwupps ist es umsonst. Über solche Feinheiten hätte ein guter Arzt Sie eigentlich aufgeklärt.
> wir diskutieren über das Phänomen bei uns und nicht in...
Sex ist grenzenlos, die Welt ist global, und schon im Urlaub kann man sich infizieren.
Täglich gehen in Deutschland ca. 1 Million hetero Männer in Bordelle oder in Clubs. Besteht dort kein Ansteckungsrisiko? Warum werden immer homosexuelle Menschen als potentielle Ansteckungsgefahren genannt? Diese Gruppe ist empfänglicher für "Safer Sex" als so mancher Fremdgeher aus einer Ehe.
> Anonymer, einmaliger Schnellsex ist nun mal primär ein Phänomen
> der Homosexuellen.
Damit können Hetero-Männer prima von sich wegweisen. Sie bedienen sich auf dem Strich oder im Bordell, gerne auch für'n Aufpreis ohne Kondom.
In der Realität lassen sich schwule Männer öfter testen, weil sie um die Risiken wissen. Da kommt eine Infektion eben auch schneller raus. Heteros halten sich hingegen oft für nicht betroffen, Aids als "Schwulenseuche" geistert immer noch in den Köpfen rum. Heteros lassen sich trotz ggf. promisken Sexualverhaltens entsprechend weniger testen und haben eine höhere Dunkelziffer an Erkrankungen.
Das ist Unsinn. Dieses promiskuitive Verhalten gibt es in gleichem Maße auch bei Heterosexuellen oder glauben Sie, das in Bordellen und Discos die Liebe fürs Leben gesucht wird? Nein, da geht es auch um den anonymen und einmaligen Schnellsex.
Entfernt. Bitte formulieren Sie Kritik sachlich und differenziert. Danke, die Redaktion/cb
Gibt es dazu statistische Belege?
> Täglich gehen in Deutschland ca. 1 Million hetero Männer in Bordelle
> oder in Clubs.
Hinzu kommt der keineswegs verschwundene Sextourismus mit seinen infektionsrisiken. Der Volksmund hat dazu einen bekannten Spruch: "Mit dem Bumsbomber hin, mit dem Tripperclipper zurück."
Und für die etepetete Redaktion kommt hier noch der Nachweis für den Spruch, damit's auch sachlich und differenziert ist:
https://www.mundmische.de/be…
https://www.mundmische.de/be…
Derb, aber eben eine nicht von der Hand zu weisende Volksweisheit.
Wenn Sie meinen. Vielleicht lernen Sie ja mal einen ehrlichen Cruiser kennen, der Ihnen mal berichtet. Bestimmt auch in Ihrer Nähe.
Nicht "der" sondern vielleicht "einiger" Homosexuellen!
Als ob Schwule Männer und verkappre schwule Männer in einer hetero Ehe lebend, nicht irgendwelche Stricher aufsucht.
Ich hatte nur #2.9 zitiert.
Tja, der Herr, das ist eben männertysches Sexualverhalten aus patriarchalen Machtverhältnissen heraus, ob nun hetero oder schwu: Sex kann als Ware erworben werden.
Warum habe ich das bloß gelesen?
Hoffe, dass ich das schnell wieder aus dem Kopf bekomme und den Spaß am Sex nicht verliere.
Um Missverständnisse zu vermeiden:
Ich finde die Aufklärung über die Gefahren absolut richtig und wichtig.
"Untersuchungen deuten jedenfalls darauf hin, dass einige Männer, die mit Männern schlafen, infolge dieses Trends seltener mit Kondom verhüten"
Ich kenne genügend u.a. auch "gläubige" katholische hetero Jugendliche und Männer die ebenfalls immer noch auf Kondome verzichten. Darüber schreibt diese "Glossar" wieder einmal nichts.