In einem grüneren Umfeld aufgewachsene Kinder entwickeln laut
einer dänischen Studie im Laufe ihres Lebens seltener psychische
Erkrankungen. Wie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Universität Aarhus berichten,
bestehe unter Menschen, die umringt von Wäldern, Wiesen, Gärten oder Parks
groß werden, ein bis zu 55 Prozent geringeres Risiko für
psychische Erkrankungen als unter denjenigen, die ohne dergleichen aufwachsen. Die
Forscher sehen das als Beleg dafür, dass Grünflächen, Wälder und Parks die seelische Gesundheit fördern. Entsprechend sollten Städte ihrer Ansicht nach grüner werden.
Für
die im US-Wissenschaftsjournal PNAS veröffentlichte Studie (Engemann et al., 2019) wurde anhand von Satellitenaufnahmen aus den Jahren 1985 bis 2013
die Landschaft rund um die Elternhäuser von fast einer Million Menschen in Dänemark
untersucht. Zudem schauten sich die Forscher die Langzeitgesundheitsdaten aller zwischen 1985 und 2003 geborenen Däninnen und Dänen an, die mindestens bis zum zehnten Lebensjahr in Dänemark aufwuchsen und untersuchten ihr Risiko, im Lebensverlauf eine von 16 verschiedenen psychischen Erkrankungen zu
entwickeln. Bei der Auswertung zeigte sich ein Zusammenhang.
"Mit unserem Datensatz zeigen wir, dass das Risiko
der Entwicklung einer psychischen Störung schrittweise abnimmt, je
länger man von der Geburt an bis zum Alter von zehn Jahren von
Grünflächen umgeben ist", erklärt die Hauptautorin Kristine Engemann.
"Grünflächen sind in der Kindheit deshalb extrem wichtig." Es sei nicht
unbedingt schlecht, wenn man in einer Stadt aufwachse, solange
es genug Grünflächen gebe.
Allerdings, so schreibt das Wissenschaftlerteam selbst, ergab die Studie erst einmal nur einen statistischen Zusammenhang: Wo mehr Grün ist, sind Menschen mit höherer Wahrscheinlichkeit psychisch gesund. Ob das Aufwachsen im Grünen aber dafür die Ursache ist, kann eine solche Auswertung nicht beweisen. Der Effekt könnte zum Beispiel auch entstehen, weil etwa wohlhabendere, gebildete, sozial besser gestellte Menschen eher ins Grüne ziehen – und das wären nur einige der Faktoren, die ebenfalls Einfluss auf die Häufigkeit psychischer Krankheiten haben könnten. Einige davon haben es nachweislich.
In ihrer Studie hatten die Forscherinnen und Forscher unterschiedliche solcher sozioökonomischen Faktoren einbezogen und den statistischen Effekt dennoch beobachtet. Sie weisen jedoch darauf hin, dass ihre Ergebnisse durch nicht gemessene Einflüsse, wie etwa die Kriminalitätsrate oder auch mangelnde soziale Vorteile in benachteiligten Städten, beeinflusst worden sein könnten. Ihrer Meinung nach sind weitere Studien notwendig, um den Zusammenhang zwischen Wohnort, anderen Faktoren – darunter auch genetischen – und der mentalen Gesundheit genauer zu untersuchen.
Dennoch betonen sie: "Es gibt immer mehr Belege dafür, dass das natürliche Umfeld eine größere Rolle für die mentale Gesundheit spielt als bislang angenommen", sagte Engemann. Dieses Wissen sei nicht zuletzt deshalb so wichtig, weil ein wachsender Teil der Weltbevölkerung in Städten lebe.
Zu viele Menschen, zu wenig Kontakt
Die Ansicht, dass das Leben in der Stadt einen Risikofaktor darstellt, teilt man auch unter Fachleuten in Deutschland. "Leute in der Stadt reagieren anders auf sozialen Stress als diejenigen auf dem Land", sagt etwa Andreas Meyer-Lindenberg vom Zentralinstitut für Seelische Gesundheit in Mannheim. "Wir wissen, dass es auch in Deutschland einen solchen Unterschied zwischen Stadt und Land gibt."
Erst vor wenigen Jahren sei die Schwelle überschritten worden, dass weltweit mehr Menschen in Städten als auf dem Land lebten, sagt der Psychiater. "Die Urbanisierung als solche nimmt unheimlich zu. Das ist ein rapider Prozess." Studien wie die der Dänen zeigten, dass Grünflächen auch Städter ein Stück weit vor psychischen Erkrankungen schützen könnten.
Zu viele Menschen, zu wenig
Kontakt: Auf diese Formel könne man die Lage in der Stadt
herunterbrechen. "Dieser soziale Stress entsteht aus meiner Sicht aus
der Gleichzeitigkeit von sozialer Dichte, Overcrowding und sozialer
Isolation", sagt ein weiterer Psychiater, der Berliner Stressforscher Mazda Adli von der privaten Fliedner Klinik
Berlin und der Charité. Wenn man zum Beispiel in einer engen
Sozialwohnung lebe, wo man die Fernseher der anderen durch die dünnen
Wände höre, die Nachbarn aber nicht kenne, fühle man sich nicht
zugehörig. "Wenn dazu dann auch ein sehr geringes Maß an environmental
mastery – das Gefühl also, dass man die Umgebung unter Kontrolle hat –
kommt, dann wird's schwierig." Die Studie aus Aarhus schließe
eine wichtige Informationslücke zur Auswirkung von Grünanlagen auf die
Gesundheit.
Neben der Frage, was das Grün eigentlich mit dem
Gehirn macht, bleibe auch offen, welches Maß an Grünflächen
ausreiche: "Welches Grün ist grün genug? Reicht es, auf eine Wiese zu
blicken oder in der Nähe zu wohnen? Oder muss man die aktiv benutzen?
Reichen Bäume oder muss es ein Wald sein?", fragt Adli. Dies
seien entscheidende Fragen, wenn es darum geht, Städte so zu planen und umzugestalten, dass sie der seelischen Gesundheit guttun.
Kommentare
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Wer einmal in Dänemark war, weiß, warum das der Psyche so gut tut.
Mehr Ruhe, mehr Entspanntheit, weniger Verkehr, weniger Lärm, weniger Hektik ( die Städte mal ausgenommen ). Herrlich.
Und das noch kennt, seine Kindheit draußen im Freien verbracht zu haben, in Bewegung, sich dreckig gemacht zu haben, der weiß darum .
Wir sind zu viele Menschen auf diesem Planeten.
Das ist das Problem Nummer Eins.
Vorallem zu viele an ein und denselben Orten.
Ja, meine Rede seit Jahren. Aber keine Aussicht auf Gehör. Wir (die Menschheit) vermehren uns immer noch um 80 Millonen jährlich. Und niemand tut auch nicht im Ansatz etwas dagegen. Hoffnungslos.
Das stimmt nicht. Weltweit nehmen in fast allen Laendern die Geburtenraten ab und liegen vielerorts bereits unter einer erhaltenden Rate (USA, Europa, China, Thailand, Iran) oder dicht daran (Indonesien, Indien). Auch dort wo die Geburtenrate noch hoch ist, nimmt sie stark ab, z.B. im Senegal, Afghanistan oder Eritrea.
Auch wenn die Geburtenrate unter zwei Kinder/Frau fällt, kann die Bevölkerung noch weiter wachsen. Beispiel China, wo seit 25 Jahren die Geburtenrate unter 2 gefallen ist, trotzdem wächst dort die Bevölkerung derzeit noch mit 0,5 % jährlich. Demographie ist halt wie ein schwerer träger Tanker. Es braucht Jahrzehnte bis sich eine Veränderung der Geburtenrate auf die Bevölkerungszahl merklich auswirkt.
https://www.google.com/searc…
Ich denke, das liegt am Landleben allgemein und ist in Deutschland genauso entschpannend wie in Dänemark. Deswegen bin ich auch froh, dass immer mehr Menschen in die Stadt ziehen, dass macht die Grundstücke auf dem Land günstiger.
Vorsicht, als deutsch-amerikanische, als Kind viel gereiste, kann ich nur sagen dass einen manchmal in schönster Wildnis nur Pferde und Hunde vor dem Irrsinn retten, der einen als Kind irre macht, und als junge Erwachsene hab ich gemerkt dass man nirgends in der Welt Verwandten oder Leuten zunächst trauen kann. Psyche ist ortsunabhångig, und wer kriegsentlassene Verwandte in der Nähe hatte war auch 1970 nicht sicher, auch nicht im Naturschutzgebiet oder am schönsten See im Voralpenland
Wir geben uns doch sehr große Mühe, die Kriege und Ausbeutungen und Hungersnöte, das Recht des Stärkeren und was alles mehr zu einer Entvölkerung beiträgt, nicht aufzugeben.
Wo halten Sie denn Ihre Reden an die Menschheit?
Nachtrag, in Kronsgaard oder am Fichtelsee heilt aber trotzdem heute fast einjeder, weil es in schönster Natur eben erdet, Angst habe ich vor Dope Kiddies, weil ich, ohne die heutigen Stärken in den Drogen, schon früher viel gruseliges erlebt habe
Mehr Ruhe, mehr Entspanntheit, weniger Verkehr, weniger Lärm, weniger Hektik
--
und, was auch sehr wichtig ist, soziale Sicherheit - auch wenn man die Arbeit, aus welchen Gründen auch immer, verliert.
Ich meine die kiffenden Eltern
Kommt darauf an: In MeVoPo in der Nebensaison auf sicher.
Aber in Dänemark könne Sie mal auf der Landstraße die Richtung wechseln oder die Straße überqueren ohne 10 Min Kopfpingpong zu machen.
Im zitierten Link zeigt sich, dass die Bevölkerung Chinas geschrumpft ist. Völlig natürlich bei einem dortigen Repro-Faktor unter 2. Wobei bei einem Wert von 2 die Bevölkerung auch schrumpft. Warum? Es gibt andere Lebensplanungen als eine Familie zu gründen, es gibt Krankheitsfälle und Unfallopfer, auch schwarze Schafe. Allein durch Unfälle und Krankheiten stellt sich eine langfristige konstante Bevölkerungzahl bei vermutlich ca 2,36 ein. las ich mal auf https://polpro.de/notes.php#…
Nein, die Bevölkerung Chinas schrumpft (noch) nicht. Anbei ein Diagramm, in dem das jährlich Wachstum detailiert dargestellt ist:
https://www.google.com/searc…
Urlaub in DK ist etwas anderes, als dort in der Stadt in einem Sozialbau zu leben.
.. Sie reden ein wenig wirr..
Jep, Funfact: Selbst Kopenhagen hat die Stadtautobahn nicht gebaut und somit Seperationen, Umwege und Staus reduziert.
Und selten habe ich in einer Stadt in so kurzer Zeit so schnell Menschen kennengelernt. Egal ob in der Kneipe, am Spielplatz oder zufällig, teils mit dem Rad an der Ampel.
Und man wird sofort vorgestellt, sehr schnell mal eingeladen. Anbrüllen können die sich trotzdem auch, aber im Kern ist selbst der Verkehr stressfrei.
Vor allem in den Stadtvierteln, wo sich kaum die Polizei hineintraut.
Eine wachsende Lebenserwartung koennte den Bevoelkerungsrueckgang evtl. verzoegern?
Bei uns wird das in ein paar Jahren relativ schnell gehen, nämlich dann, wenn die Babyboomer das Zeitliche segnen.
Wird wohl in anderen Ländern ähnlich sein.
Entfernt. Bitte formulieren Sie Kritik sachlich und differenziert. Danke, die Redaktion/km
Ein langsamer Rückgang ist immer noch besser als gar kein Rückgang. Und (fast) alles ist besser als eine erzwungene 1-Kind-Politik, das hat China sehr "anschaulich" bewiesen.
Welche sind das denn?
Und mehr Beschäftigung und Bewegung. Wer hingegen zu Hause rumhockt, denkt zu viel über sich selbst nach. Das ist schlecht.
"Aber ist das Umfeld wirklich die Ursache?"
Was denn sonst? Ursache->Wirkung.
Korrelation ist nicht gleich Kausalität! darauf will der Autor hinaus.
"Deus sive natura" = "Gott oder die Natur" - einem dieser beiden "Gegenüber" sollte der Mensch wohl regelmäßig begegnen, um nicht neurotisch zu werden. Auch kleine Dinge in der Stadtwohnung sind besser als nichts: Zimmerpflanzen, ein Aquarium oder vielleicht auch der jetzt in die Kritik geratene Wohnzimmerkamin in Aktion.
Wessen Lebensinhalt Zimmerpflanzen, ein Aquarium oder der Wohnzimmerkamin sind, hat die Kontrolle über sein Leben verloren.
(frei nach Karl Lagerfeld, möge er in Frieden ruhen)