Es klingt wie die Handlung eines schlechten B-Movies: Ein Pilz dringt in seine Opfer ein und übernimmt die Kontrolle über ihre Körper. Sobald der Parasit sein Ziel erreicht hat, lässt er seine Opfer gezielt verenden, um sich selbst zu vermehren. Doch diese Geschichte hat die Natur selbst geschrieben. Die Leidtragenden sind in diesem Fall Rossameisen, die bevorzugt in tropischen Regenwäldern heimisch sind. Zu den Tätern zählen Forscher Pilze wie Ophiocordyceps unilateralis .
In Brasilien stieß der Insektenkundler David Hughes von der amerikanischen Penn State University gleich auf mehrere neue Arten dieser, wie er sie nennt, "Zombiepilze". Im Südosten des tropischen Bundesstaates Minas Gerais sammelten er und seine Mitarbeiter vier der Parasiten ein. Zusammen mit dem Biologen Harry Evans arbeitet Hughes derzeit an einer weltweiten Bestandsaufnahme der außergewöhnlichen Fungi.
Die neu entdeckten Pilzarten sind jeweils auf eine bestimmte Rossameisenart ( Camponotini ) spezialisiert, schreiben die Wissenschaftler im Magazin PLoS One , das online erscheint . Ihre Opfer steuern die Pilze auf ähnliche Weise. Rossameisen nisten meist in Baumwipfeln, auch zum Schutz vor den Zombiefungi. Infiziert sich eine Ameise jedoch mit dem Pilz, der sich an ihr Exoskelett heftet, folgt das Insekt ganz spezifischen Instruktionen. Frühere Studien, unter anderem von David Hughes an Ophiocordyceps unilateralis, offenbaren, wie geschickt der Pilz seinen Wirt lenkt : Erst infiltriert ein Faden, eine Hyphe, den Kopf einer Rossameise und impft ihr praktisch Anweisungen ein. Sie klettert den Baum herab, nähert sich einem Blatt, beißt sich dann an dessen Unterseite fest – und stirbt. Verkrümmt bleibt das leblose Insekt zurück.
Erstaunlich ist dabei die Präzision, mit der die gekaperte Ameise ihr Ziel aussucht. Vom Pilz kontrolliert bissen 98 Prozent der beobachteten Insekten direkt in eine Blattader. Dutzende ferngesteuerte Sechsbeiner näherten sich meist von Norden her Blättern, die sie nach ganz bestimmten Kriterien ansteuerten. Die Pflanzenteile hingen etwa 25 Zentimeter über dem tropischen Waldboden. Dort herrschte eine Luftfeuchte von rund 95 Prozent mit Temperaturen zwischen 20 und 30 Grad Celsius.
In dieser Umgebung gedeiht der Zombiepilz prächtig. Hier bildet er einen Fruchtkörper und vermehrt sich. Dazu wächst er innerhalb einer Woche auf die doppelte Länge seines toten Wirts – und ragt dabei aus dessen Kopf heraus. Die obere Hautschicht der Ameise nutzt der Pilz zusätzlich als eine Art Schutzschild. Schließlich verstreut Ophiocordyceps unilateralis seine Sporen wie ein Minenfeld etwa einen Quadratmeter unterhalb der leblosen Hülle seines Opfers. Tapst hier eine Rossameise rein, ereilt auch sie das Zombieschicksal.
Kommentare
Ausschitt aus BBC-Doku zum Tema
http://www.youtube.com/wa...
Danke für den Video-Link
Liebe(r) kleinschek,
ich habe das Video nun auch in den Artikel eingebaut. Das veranschaulicht das Ganze doch enorm. Danke für den Hinweis!
Es leben populäre Namensschöpfungen
Ich kann mir nicht helfen, aber Zombiepilz bzw. Zombie-Ameise klingen für mich ein wenig nach "Animal Planet" oder "Bild". Der Organismus ist auch so interessant genug, und wer sich die "Mühe" macht, diesen Artikel durchzulesen wird auch ohne solche Wortschöpfungen beeindruckt sein.
Ich finde es (trotz der Wortschöpfungen) gut, dass solche Artikel der breiteren Öffentlichkeit Einblick in diese faszinierende Welt erlauben.
Ich bin mirn aber nicht sicher, ob David Highes dem Titel Insektenkundler zustimmen würde. Er ist Verhaltensbiologe der sich auf die Auswirkungen von Insektenpathogene auf deren Wirte spezialisiert hat.
EinGangLion, Mutanten-Zombie-Insekten-Kommentator
Wissenschaftlich gesehen
... sind Ihre Einwände korrekt, aber um den Leser neugierig zu machen, halte ich den Titel keinesfalls für unpassend. Ich wäre in meinem Ticker wohl nicht auf den Beitrag aufmerksam geworden, wenn da nicht etwas von "Zombie-Ameisen" gestanden hätte.
Das hat auch nicht unbedingt etwas mit "Bild" zu tun, die hätte vermutlich eher in Richtung "Killerpilz verwandelt Ameisen in Zombies - Wann sind wir dran?" getitelt.
Davon abgesehen ein Lob an die Wissenschaftsredaktion, ist nicht das erste Mal, dass ich hier einen Beitrag lese und das nachher nicht als Zeitverschwendung empfinde.
Unheimlich....
....diese Bilder. In dem youtube Video sind die Ameisen einfach irgendwo verendet. Aber nach dem Artikel scheinen die Pilze die Ameisen tatsächlich gezielt an der Unterseite von Blättern verändern lassen zu können. Wie auf dem Bild.
Ist das von unten von der Sonne beschienen ?
keine Camponotus
Ich müsste mich doch schwer irren, wenn auf dem Bild tatsächlich eine Camponotus zu sehen ist.