Die Menschheit kämpft weltweit um Land, das sich bestellen lässt. Denn immer mehr Menschen gilt es zu versorgen, gleichzeitig ist der Klimawandel aufzuhalten. Vor welchen Problemen die Menschheit konkret steht und welche Maßnahmen zu ergreifen sind, ist im aktuellen Sonderbericht des Weltklimarats IPCC dokumentiert. Die zentrale Frage: Wie können wir immer mehr Menschen ernähren, ohne die Natur und damit die Existenzgrundlage der Weltbevölkerung zu zerstören?
Einerseits sind mehr als 820 Millionen Menschen weltweit unterernährt, andererseits werden Lebensmittel in Massen weggeworfen und immer größere Flächen für noch mehr Weizen, Soja und allen voran Tiere zur Fleischproduktion geschaffen. Wälder müssen Feldern weichen – Wälder, die unter anderem dringend notwendig sind, um die Erderwärmung zu begrenzen.
Der Report macht deutlich: Es gibt untrennbare Beziehungen zwischen Mensch, Land und Klima. Wie genau sie auf einander einwirken, haben die Forscherinnen und Forscher des Rats auf Basis mehrerer Tausend Studien analysiert. ZEIT ONLINE stellt die wesentlichen Erkenntnisse vor:
1. Mehr Felder trotz intensiver Landwirtschaft nötig
Fast 25 Prozent der gesamten Treibhausgase folgen aus der Landnutzung.
Die Menschheit nutzt bereits mehr als 70 Prozent der eisfreien Landflächen des Planeten, um die Weltbevölkerung zu ernähren, Wald zu bewirtschaften und Güter zu produzieren. Die restlichen Regionen liegen brach. Darunter sind durchaus lukrative Wälder, gutes Grasland und Savannen. Aber eben auch 12 Prozent an Flächen, die gar nicht für die Landwirtschaft geeignet sind, weil es sich etwa um Wüsten oder hochalpine Gebiete handelt.
Den Großteil der brauchbaren Flächen bearbeiten Farmerinnen und Farmer äußerst intensiv. Sie betreiben Ackerbau, verwandeln das Land in Weideflächen oder schaffen Plantagenwälder. Zwanzig Prozent der eisfreien Gebiete nutzen sie weniger stark: Aus diesen Wäldern entnehmen Menschen beispielsweise nur teilweise Brennholz oder sie jagen dort.
"Ab der Mitte des 20. Jahrhunderts hat sich die Landnutzung des Menschen stark intensiviert, denn es standen nun mineralische Dünger und neue Nahrungsmittelpflanzen zur Verfügung", sagt Almut Arneth, Ökosystem-Forscherin am Karlsruher Institut für Technologie und Leitautorin des ersten Kapitels des IPCC-Berichts. "Auf der bestehenden Fläche wurde dadurch mehr angebaut." Das Problem: Die industrielle Landwirtschaft, die dafür sorgt, dass sich Lebensmittel in unseren Supermärkten stapeln, basiert auf chemischen Mitteln und Praktiken, die häufig energieintensiv und umweltschädlich sind. Trotzdem nutzt der Mensch immer mehr Fläche für die Landwirtschaft. Das liegt zum einen an der wachsenden Weltbevölkerung, zum anderen an neuen Ernährungsgewohnheiten, die mehr Anbaufläche pro Kopf fordern. Besonders die intensive Fleischproduktion verbraucht große Flächen.
2. Der Fleischkonsum ist absurd hoch
Circa 80 Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche wird für die Tierproduktion genutzt.
Für Steaks, Hähnchenschenkel und Koteletts braucht es viel Land. Tierische Produkte herzustellen, belastet die Umwelt enorm, weil für die Futtermittel und Weideflächen Wälder weichen müssen und weil dadurch tonnenweise Methan in die Luft gelangt. Das ist heute schon problematisch, wird aber immer kritischer, da auch die Bevölkerung in Ländern des globalen Südens vermehrt tierische Produkte isst.
Aus dem aktuellen Report geht hervor: Seit den Sechzigerjahren hat sich die weltweite Fleischproduktion pro Kopf mehr als verdoppelt. Würden die Menschheit ihre Ernährung auf mehr Getreide, Gemüse und Hülsenfrüchten umstellen, ließen sich Treibhausgasemissionen deutlich reduzieren. "Wir müssen nicht komplett auf tierische Produkte verzichten, aber wir müssen zum Prinzip des Sonntagsbratens zurück", fasst es Alexander Popp zusammen, Forscher am Potsdam Institut für Klimafolgenforschung und Autor des IPCC-Berichts.
Gleich mehrere Studien waren entscheidend für dieses Fazit. So hatten Forscherinnen und Forscher ermittelt, dass sich die durch Landnutzungsänderung entstehenden Kohlenstoffemissionen um fast 80 Prozent senken ließen, wenn die Menschheit ihre Ernährung bis 2050 auf einen Anteil von 15 Prozent tierischer Kalorien umstellt (Global and Planetary Change: Weindl, 2017). In einer weiteren Studie verglichen Wissenschaftler die Ernährungsweise eines durchschnittlichen Inders mit der einer US-Amerikanerin. Das Ergebnis: Die Fläche, die zum Anbau benötigt wird, verringert sich stark, wenn die Weltbevölkerung so isst, wie in Indien üblich. Das Gegenteil wäre der Fall, wenn sich alle wie ein durchschnittlicher US-Amerikaner ernähren würde – es bräuchte noch mehr Anbaufläche (Global Environmental Change: Alexander, 2016).
3. Zu viel Essbares landet im Müll
Bis zu 30 Prozent aller weltweit produzierten Lebensmittel landen auf dem Müll.
Zwischen 25 und 30 Prozent aller produzierten Lebensmittel werden verschwendet oder weggeworfen. Auch das zeigt der IPCC-Report. Dieser Anteil ist seit dem Jahr 1970 um rund 40 Prozent gestiegen und kostet laut der UN-Organisation für Ernährung und Landwirtschaft jedes Jahr ungefähr 890 Milliarden Euro.
Besonders in reichen Ländern landet Essbares auf dem Müll: Insgesamt 222 Millionen Tonnen jährlich. "Schon beim Bauern gehen Lebensmittel verloren. Das setzt sich beim Transport der Nahrungsmittel fort und danach im Supermarkt. Aber auch die Konsumenten werfen viel weg", sagt Almut Arneth. Pro Kopf sind es in Europa und Nordamerika durchschnittlich 95 bis 115 Kilogramm Lebensmittel im Jahr, in den afrikanischen Subsahara-Staaten und in Asien nur sechs bis elf Kilogramm pro Kopf. In den Industrienationen sind es eher die Einzelhändler oder die Verbraucher, die Essen wegwerfen, während die Nahrungsmittel in den Entwicklungsländern direkt nach der Ernte im Müll landen. Etwa weil der Transportweg vom Dorf zum Markt so lang ist, dass die Lebensmittel währenddessen nicht richtig konserviert werden können.
4. Die Böden werden unfruchtbarer
Circa 25 Prozent der eisfreien Landflächen weltweit sind von Landdegradierung betroffen.
Wächst auf einem Acker weniger Getreide, steht auf einer Weide weniger Gras oder nimmt ein Ökosystem an biologischer Vielfalt ab, sprechen Experten von Landdegradierung. Die biologische Funktionalität schwindet und damit der Wert, den diese Fläche für den Menschen hat. Der IPCC-Bericht zeigt nun, dass ein Viertel der eisfreien Landflächen weltweit davon betroffen ist.
Der Klimawandel ist eine Ursache des Wandels, zugleich begünstigen schlechtere Böden die Erderwärmung. So speichert der Boden weniger Kohlenstoff, wenn er von Landdegradierung betroffen ist; etwa weil nicht richtig bewässert wurde. Gleichzeitig trocknet Hitze immer häufiger den Boden aus oder Starkregen und Überflutungen tragen den fruchtbaren Oberboden ab – immer intensiveres Extremwetter ist eine Folge des Klimawandels. Eine weitere: Durch den steigenden Meeresspiegel dringt Meerwasser in Flussmündungen und versalzt eigentlich fruchtbare Böden der Küstenregionen. Das zeigt sich weltweit, etwa in Flussdeltaregionen in Südasien, Südafrika und Südamerika. Milliarden Menschen sind von dem Wandel betroffen, geschätzt zwischen 1,3 und 3,2 Milliarden. Die meisten davon leben in Entwicklungsländern.
Mindestens 1.300.000.000 Menschen sind weltweit von Landdegradierung betroffen.
"Der Klimawandel ist ein Multiplikator für Landdegradierung und die Auswirkungen treffen den globalen Süden besonders stark", sagt Kathleen Hermans vom Helmholtz Zentrum für Umweltforschung, die am Kapitel zu Landdegradierung im aktuellen Report mitgeschrieben hat. "In der nördlichen Hemisphäre haben wir zum einen die effizienteren Technologien, zum Beispiel Kunstdünger und Pestizide", erklärt sie weiter. Diese sind langfristig zwar nicht nachhaltig, helfen aber, die Erträge gleich hoch zu halten. Notfalls wird importiert. In anderen Regionen hingegen, etwa dem dicht besiedelten Hochland Äthiopiens, können viele Kleinbauern nicht mehr von den Erträgen leben. "Die Menschen dort haben nur sehr wenig Ländereien, ein halber Hektar ernährt eine ganze Familie, also vier bis fünf Personen", sagt Hermans.
5. Wüsten breiten sich aus
1,53 Grad Celsius ist die Lufttemperatur an der Landoberfläche seit dem vorindustriellen Zeitalter gestiegen.
Erhitzt sich die Erde um mehr als 1,5 Grad im Vergleich zu vorindustriellen Zeiten, drohen Extremwetterereignisse und Naturkatastrophen weltweit. Misst man die reine Lufttemperatur an Land, ist diese Temperaturmarke laut des aktuellen IPCC-Reports bereits überschritten. Allein die globale Temperatur, also die Durchschnittstemperatur an Land und in den Ozeanen, liegt mit einem Anstieg von rund 0,9 Grad Celsius unter der Grenze. Die Schätzungen variieren diesbezüglich leicht.
In der Folge breiten sich Wüsten aus. In der afrikanischen Subsahara, in Teilen Ost- und Zentralasiens oder in Australien beispielsweise, zudem sind Sandstürme häufiger und stärker geworden. Das ist Fakt. Dem Langzeittrend widersprechen nach jetziger Kenntnis auch nicht die überraschenden Satellitenaufnahmen der vergangenen dreißig Jahre. Sie zeigen, dass der Planet vielerorts grüner statt brauner geworden ist.
"Im Moment überwiegt der positive Einfluss des Klimawandels auf die Vegetation, eine größere Fläche wird grüner als brauner. Dadurch wird mehr Kohlenstoff auf Landflächen gebunden als beispielsweise durch Abholzung und Rodung freigesetzt wird", erklärt Livia Rasche vom Centrum für Erdsystemforschung und Nachhaltigkeit der Universität Hamburg dem Science Media Center. Doch diese Entwicklung wird nicht von Dauer sein. "Immer mehr Fläche wird für die Landwirtschaft genutzt, wofür oft Ökosysteme mit großen Kohlenstoffspeichern wie Feuchtgebiete, Moore und Wälder umgewandelt werden und deren Kohlenstoff freigesetzt wird", sagt Rasche.
6. Der Wald schwindet
2254 Quadratkilometer Regenwald wurden im Juli 2019 in Brasilien abgeholzt.
Wälder halten den Planeten kühl. Sie fangen Kohlendioxid aus der Atmosphäre, um es in Stämmen, Wurzeln und im Boden zu speichern. "Unsere Landsysteme, die Wälder und Böden, haben eine Senkenfunktion", erklärt der Klimaforscher Alexander Popp. Werden sie richtig gemanagt, speichern sie das Treibhausgas oder können sogar mehr aufnehmen. Ähnlich ist es bei Feuchtgebieten und Mooren, die ebenfalls große Kohlenstoffspeicher sind.
Doch weltweit schwinden Waldflächen, auch wenn in einigen Regionen etwa in China und Indien, oder zuletzt in Äthiopien viel Aufforstung betrieben wurde. Forscherinnen und Forscher gehen davon aus, dass nahezu 17 Prozent des Amazonaswaldes entwaldet sind. Sollten es künftig mehr als 20 bis 25 Prozent sein, könnte mehr als die Hälfte der Amazonaswälder zu Savanne, Ackerland oder Weidefläche werden und damit über 50 Milliarden Tonnen Kohlenstoff in die Atmosphäre freigesetzt werden.
7. Was nun zu tun ist
Die Menschheit muss ihr Verhalten ändern und ihre Umwelt anders gestalten. Der IPCC-Report macht klar, dass Staaten ihr Land künftig grundlegend anders nutzen und andere Pflanzen darauf anbauen müssen als bisher. Sonst wird es kaum möglich sein, den Klimawandel ausreichend zu begrenzen. Die Folgen sind schon jetzt absehbar: Feuer in borealen Wäldern, Dürren im Mittelmeerraum und andere Extremwetterereignisse, die die Nahrungsmittelsicherheit zunehmend gefährden.
Der Klimawandel – vor allem die damit einhergehenden Wetterextreme wie Hitze, Trockenheit und Flut – gefährdet in vielen Regionen der Welt die Ernte. Vorherige Berichte hatten es bereits angedeutet, der aktuelle Report liefert nun Belege dafür. Zahlreiche. Insgesamt wird deutlich, wie komplex die Zusammenhänge zwischen der Landnutzung, der Erderwärmung und der Nahrungsmittelsicherheit sind. Damit ist auch klar: Es gibt keine einfache Lösung.
Die Autorinnen und Autoren des Reports erwähnen mögliche Maßnahmen. Dazu gehört, grundsätzlich weniger Fleisch zu essen – hier könnte eine Fleischsteuer helfen –, den Boden schonender und nachhaltiger zu bearbeiten sowie natürliche Flächen, Wälder und Moore zu schützen, wo es geht, und zu renaturieren, wo bereits Schaden angerichtet wurde.
Die deutsche Bundesregierung will am 20. September ihre Klima-Strategie vorstellen. Am 23. September dann werden Regierungsvertreterinnen und Vertreter diverser Staaten bei einem Klimagipfel der Vereinten Nationen über die Folgen des Temperaturanstiegs beraten. Das Klimaschutzabkommen von Paris von 2015 hatte zum Ziel, die Erderhitzung auf deutlich unter zwei Grad, möglichst sogar 1,5 Grad, gegenüber vorindustriellen Werten zu begrenzen. Fraglich jedoch ist weiterhin nicht nur, ob dieses Ziel erreichbar ist, sondern auch wie.
Kommentare
"Die Menschheit isst mehr Fleisch"
Jetzt ist aber auch mal gut, mit dem Fleisch-Bashing. Es gibt auch mehr Menschen und der Fleischkonsum in Deutschland geht sogar zurück.
Es gibt noch genügend andere "Klimakiller".
Ja, ja. Schuld sind immer "Die Anderen".
ICH ess ja nicht viel Fleisch, Bleibt mir weg mit weniger Fleisch.
Ich fliege ja nicht viel. Bleibt mir weg mit weniger fliegen.
Ich fahre ja nur einen 300 PS SUV. Bleibt mir weg mit weniger Auto fahren.
usw.
usw.
Die Bundesregierung ist da voll im Plan. Man hat auf der Bundespressekonferenz bereits verlauten lassen, dass die Klimaziele schon zu einem guten Teil erreicht werden, weil man auf die Verhaltensänderung bei der Bevölkerung setzt.
Bevor man auf irgendwelche Regeln oder Verbote setzt, setzt man lieber auf wolkige "Innnovationen", die - oh, Wunder! - sogar noch dem Wirtschaftswachstum dienen sollen.
Die Presse versorgt uns zwischenzeitlich mit Anleitungen, wie wir selber das Klima retten können. Aktuell ist Flug-Shaming der heiße Scheiß... Plastiktüten sind bereits durch. E-Roller waren doch nicht der Durchbruch bei der neuen Mobilität.
Falls es dann doch nicht klappt, ist in jedem Fall der Bürger schuld und nicht die Industrie oder die Bundesregierung, die sich freiwillig pausenlos selbstverpflichtet...
Ja, rustikal, aber voll auf den Punkt.
Die Artikel müssen an Merkel gehen, Druck, Druck, Druck.
Aber da hört und sieht man ja nix.
Das eigentlich Schlimme besteht ja darin, dass die Fakten alle bekannt sind: Dass die Erde zunehmen vermüllt, verdreckt, ausgebeutet und geschunden wird. Fleischverzehr steigt weltweit rasant, genau wie die Abholzung der Wälder, besonders in Südamerika und Asien und bei uns sieht es auchnicht besser aus: die SUV-Protz-Karren werden gekaut wie verrückt als gäbe es kein Morgen.
Kann man alles ändern. Nur wollen muss man. Man muss die Leute da packen, wo sie garantiert zuhören: Am Geldbeutel. Umweltsünder müssen zur Kasse gebeten werden, diejenigen, die die Umwelt schützen, entlastet. Im Moment ist es genau umgekehrt.
ja, da muss man sie packen.....trifft zwar nur den ärmeren Teil, aber egal, wir fühlen uns besser.
Wir müssen endlich den Kapitalismus bekämpfen, denn er wird sonst unser Untergang sein. Das Primat des Wachstums, das dem Kapitalismus inne liegt, kann nicht funktionieren in einer begrenzten Welt.
wir müssen hier die Technikfeindlich überwinden, Kernkraft, Kernfusion, Gentechnik usw.
Den Bäumen liegt auch das Wachstum von Bäumen zugrunde, wenn man sie nicht aufhält, wachsen sie immer weiter. Wenn man sie nicht aufhält, breiten sich Bäume auch immer weiter aus und überwuchern ganze Landstriche.
Sollen wir deshalb auch die Bäume bekämpfen?
keit....
"Wir müssen endlich den Kapitalismus bekämpfen"
Welche Art von Zusammenleben (8 Milliarden Menschen) stellen Sie sich vor, nachdem Sie den Kapitalismus besiegt haben? Wer soll die Regeln aufstellen ?
Was ist denn das für ein "Vergleich"?!
Auch Bäume können in einer begrenzten Welt nicht unendlich wachsen. Duh
als ob es keinen geregelten Kapitalismus geben könne oder zig vergleichbare, z. B. umweltschonendere Modelle geben würde... tsss
Was für ein bescheuerter Vergleich. Bäume beuten sich nicht gegenseitig aus, sondern leben in Symbiose miteinander - Stichwort: Mischwälder z.B.
Ganz im Gegenteil, denn die Bäume zerstören nicht die Umwelt, sie erschaffen sie.
Aber Sie wissen schon selbst, dass Ihre Argumentation absurd ist, oder?
"Welche Art von Zusammenleben (8 Milliarden Menschen) stellen Sie sich vor, nachdem Sie den Kapitalismus besiegt haben? Wer soll die Regeln aufstellen ?"
Und genau hier liegt Ihr schwerwiegender wie auch entlarvender Denkfehler: Sie setzen Kapitalismus mit Demokratie in eins. Demokratie ist aber sehr wohl ohne Kapitalismus möglich.
als ob es keinen geregelten Kapitalismus geben könne oder zig vergleichbare, z. B. umweltschonendere Modelle geben würde... tsss
Es gibt zig Modelle von denen Sie kein einziges nennen können? Sehr glaubwürdig.
Verstehen Sie mich nicht falsch, ich denke durchaus, dass der ungezügelte Kapitalismus ein Problem ist. Behauptungen man müsse pauschal etwas bekämpfen sind aber noch nie eine Lösung gewesen. Es ist nur etwas zu erreichen, wenn wir uns für eine Veränderung in eine bestimmte Richtung einsetzen. Einfach nur gegen etwas zu sein ohne zeitgleich an einem Ersatz zu arbeiten wird immer erfolglos bleiben.
Von der Kernfusion sind wir noch weit entfernt, vor allem von der allgemein nutzbaren. Was die konventionelle Kernkraft anbelangt: wir haben ein Endlagerungsproblem, wir haben zudem absehbar endende Uran-Ressourcen und schließlich ist die Kernenergie mitnichten CO2-frei.
"Atomkraft verursacht deutlich weniger CO2-Emissionen als Kohlekraftwerke, aber mehr als die erneuerbaren Energien."
Quelle: https://www.umweltbundesamt.…
"Ganz im Gegenteil, denn die Bäume zerstören nicht die Umwelt, sie erschaffen sie.
Aber Sie wissen schon selbst, dass Ihre Argumentation absurd ist, oder?"
Das war auch als satirisches Absurdum gemeint, gemünzt auf ihren Post, in dem Sie erklären, dass der Kapitalismus zerstört, weil er wachsen muss.
Im Übrigen kommt das mit den Bäumen auf den Standpunkt an. Wenn Sie ein Feldhase wären, würden Sie eine ungezügelte Ausbreitung der Bäume auch als bedrohlich empfinden.
"Wenn Sie ein Feldhase wären, würden Sie eine ungezügelte Ausbreitung der Bäume auch als bedrohlich empfinden."
Wobei Feldhasen anpassungsfähig sind und in Wäldern überleben.
"Und genau hier liegt Ihr schwerwiegender wie auch entlarvender Denkfehler: Sie setzen Kapitalismus mit Demokratie in eins. Demokratie ist aber sehr wohl ohne Kapitalismus möglich."
Interessant.
Die zentrale Frage in jedem System ist: Eigentum an Produktionsmitteln. Wenn dieses in einer Demokratie durch Mehrheitsentscheid so geregelt wird, dass nur er Staat Eigentum halten kann, Privatpersonen aber nicht, dann nennt man das gemeinhin "Sozialismus". Der Staat aber besteht aus Einzelpersonen, die in verschiedenen Positionen sizen, eben auch Führungspositionen, d.h. die Eigentumsrechte werden faktisch von Füührungspoersonen des Staates ausgeübt. Diese haben meist materielle Vorteile davon, weswegen sie versuchen werden, diese zu zementieren und die Gesellschaftsordnung als solche zu zementieren. Und dann ist die Demokratie (die auch die Möglichkeit zur Rückkehr zu individuellem Privateigentum beinhalten müsste) ganz schnell abgeschafft wird.
Ansonsten bin ich sehr interessiert, irgendein historisches Beispiel zu erfahren, in dem so etwas ansatzweise schon mal geklappt hat.
Das Primat des Wachstums ist im Sozialismus sehr viel stärker verankert. Es ist nur der Staat, der wächst, nicht das Vermögen des einzelnen Bürgers.
Im Kapitalismus ist Wachstum optional, weil man ja sehr wohl auch auf Kosten seines Nachbarn wachsen kann.
Man könnte stattdessen eine Basisdemokratie einführen, in der die Produktionsmittel Basisdemokratisch von den jeweiligen Belegschaften verwaltet werden. Und zwar zur Befriedigung der Bedürfnisse aller, aber nicht zur Befriedigung der Bedürfnisse des Markts (also mithin des Großkapitals).
Ebenso könnte man zB die Energieerzeugung dezentralisieren. Dezentralisieren ist sowieso das maßgebliche Stichwort.
Man könnte auch ein parlamentarisches Zwei-Kammern-System installieren, in dem eine Kammer direkt gewählt, die andere Kammer unter der gesamten Bevökerung ausgelost wird (modifiziertes antikes, griechisches System).
Diese Systeme wären umweltschonender, weil sie eben nicht das Primat des Großkapitals durchsetzen würden, weil eben jenes nur einer kleinen Minderheit nutzt.
Habe ich von Staatssozialismus gesprochen? Nein, habe ich nicht. Ich bin kein Verfechter des Leninismus.
Und weil Sie nach historischen Beispielen fragten: Pariser Commune, Spanische Republik 1936 bis 1939, da gab es hierzu Ansätze. Auch in der Machno-Bewegung in der Ukraine während des russischen Bürgerkriegs.
Elektrizität ist die wichtigste Säkundärenergie in Entwickelten Ländern. Mit welchem Primären Energieträger lässt sich Diese in Zukunft klimaneutral erzeugen. Da wird die Kernfusion die Lösung sein.
Es sollte eine internationale Anstrengung mit Priorität Eins sein, die Technik in den Griff zu bekommen. 100 Milliarden in das Projekt Jährlich sollte als Anschub reichen. Zu Zahlen von allen interessierten Nationen. Mitarbeiten tun alle, OpenSource ähnlich.
"Man könnte stattdessen eine Basisdemokratie einführen, in der die Produktionsmittel Basisdemokratisch von den jeweiligen Belegschaften verwaltet werden. Und zwar zur Befriedigung der Bedürfnisse aller, "
Mal beiseite geschoben, dass Sie damit natürlich eine Menge Opposition in Form von enteigneten Besitzern erzeugen, aber wie soll das denn besitztechnisch verfasst sein? Hat dann einer, der bei BMW arbeitet, einen entsprechenden Anteil an BMW? Und was passiert, wenn er da nicht mehr arbeiten will? Kann er den Anteil verkaufen? was ist mit einem, der da arbeiten will, muss er ihm den abkaufen? Was passiert, wenn der Laden plötzlich Verluste macht, weil sich die Belegschaft getäuscht hat in der Auffassung darüber, was ihre Kunden haben möchten? Trägt die Belegschaft die Verluste? Selbst-verordnete Lohnkürzungen? Wenn der Trend anhält, sogar Entlassungen?
Was, wenn die Belegschaft es sogar gut findet, übermotorisierte Sportwagen zu bauen und die Kundschaft ebenfalls? Und der Laden damit wirtschaftlichen Erfolg hat?
Das alles übrigens vor dem Hintergrund, dass man effiziente Produktion und somit günstiges Ausgangsprodukt eben durch Skalierung erreicht, große Stückzahlen von identischen Produkten herstellt, da ist es mit Dezentralisierung schlecht bestellt.
Hier liegt das Problem, 8 Milliarden Menschen sind einfach zuviel. Wir sollten überall auf der Welt dafür sorgen, dass nicht mehr so viele Kinder zur Welt kommen.
Das allergrößte praktische Problem bei der Kernfusion ist das abschirmen der Gravitation, da sind wir Menschen einfach machtlos gegen. Die allseits genannten 20 Jahre bis zur Nutzung könnten noch Jahrhunderte dauern.
Und wenn wir wirklich irgendwann die Anti Gravitation haben, dann brauchen wir auch die Fusion nicht mehr.
Wir werden bei weiterem Anwuchs der Population der Menschen an viel krassere Grenzen stoßen. Weil entweder zu viele Menschen vorhanden sind oder zu wenig Nahrung angeboten werden kann. Mittelfristig kommt also eine Art Planwirtschaft. Langfristig hilf nur eine Reduzierung der Anzahl Menschen auf diesem Planeten. Bildung für Frauen, Gleichberechtigung und Selbstverwirklichung sowie kostenfreie Verhütung ist da ein Ansatz.
Andere Ansätze wie Krieg oder auf natürlichem Wege wie Krankheiten sind abzulehnen.
Was ist (in Ihrem Beispiel), wenn es BMW gar nicht mehr gibt?
Ich habe leider keine Zeit, Ihnen hier ein Proseminar über Anarchosyndikalismus zu geben. Aber für Sie zum Reinlesen:
http://kulturdermetropole.de…
Und vor allem:
https://www.libertaereszentr…
Gute Frage, das sollten Sie Kafka-Franzl fragen.
Ich würde schätzen, dass dann 100.000 Leute von BMW und vermutlich noch mal doppelt so viele bei den Zulieferern basisdemokratisch und selbstverwaltet auf der Straße stehen würden und arbeitslos wären.
Natürlich, könnte man argumentieren, die könnten ja mit ihrem Wissen und Know-How auch andere Dinge produzieren, aber woher kommt das Geld für die nötigen Investitionen? Und wer entscheidet, ob das eine sinnvolle Investition ist, die man (mit wessen Geld) finanzieren müsste?
"Ich habe leider keine Zeit, Ihnen hier ein Proseminar über Anarchosyndikalismus zu geben. Aber für Sie zum Reinlesen:"
Danke, ich wollte Sie auch nicht aufhalten. Ich bin schon seit einigen Jahrzehnten durchaus vertraut mit den Konzepten der Anarchosyndikalisten und auch die FAU ist mir sehr sympathisch.
Mein Problem damit ist nur: Wenn selbstbestimmtes Arbeiten so viel besser ist als der böse Kapitalismus, warum ergreifen nicht viel mehr Menschen jede Möglichkeit, um sich in diese Richtung zu bewegen?
Meine vorläufige Antwort: Weil der Kapitalismus große, skalierende und effiziente Strukturen zur Produktion einfach besser und damit für alle Seiten (Konsumenten, Mitarbeiter) zufriedenstellender organisieren kann.
Ich wäre froh, wenn es mehr Kollektive und Genossenschaften gäbe, wenn mehr Arbeiter sich an den Unternehmen beteiligen würden, in denen sie arbeiten.
Aber die meisten Arbeiter interessieren sich einfach nicht dafür, sie wollen Sicherheit, festes Gehalt und pünktlichen Feierabend.
Meine Antwort: das Sein bestimmt das Bewusstsein.
Ein weises Wort, denn hier liegt das aktuelle Problem bei den meisten Dingen. Wir müssen nur endlich verstehen, das Demokratie und eine freiheitliche Grundordnung nicht mit der Freiheit unbegrenzter Bereicherung zu tun hat.
Wie sagte Mr. Spock so schön: "Das Wohl des einzelnen muss zurückstehen vor dem Wohl der Allgemeinheit"
Das ist nicht korrekt. Bäume haben eine definierte Wachstumsgröße und einen durch klimatische Bedingungen begrenzten Lebensraum. Außerdem erfüllen Bäume im Gegensatz zum Kapitalismus, eine wichtige Funktion im Ökosystem als Luftreiniger und als Lebensraum.
Kapitalismus ist nur ein nutzloses Monstrum, mit dem sich wenige auf Kosten vieler bereichern. Milliardäre sind Parasiten der Gesellschaft, der Umwelt und der begrenzten Ressourcen. Wozu soll das gut sein? Es gibt durchaus andere Formen der gesellschaftlichen Anerkennung für große Taten an der Gemeinschaft als nutzlosen Reichtum.
Stellen Sie sich doch einfach mal ein freiheitliches, demokratisches System vor, bei dem die Regierung sich aus für eine Aufgabe qualifizierten Kandidaten zusammensetzt, und Ressourcen nach Bedarf verteilt werden.
Du liebe Güte. Wir wollen hier doch nicht behaupten, das wir grundsätzlich alle möglichen Gesellschaftsformen nur rückwirkend betrachten. Es sollte doch vielmehr so sein, das Gesellschaftsformen, die sich als unzureichend erwiesen haben durch bessere, neue Modelle ersetzt werden.
Eigentum an Produktionsmitteln im klassischen Sinn ist doch hier überhaupt nicht mehr die Frage. Es geht um das überbordende Finanzsystem, das weg muss.
Wenn Sie Führungspositionen frei von der Möglichkeit persönlicher Vorteilnahme besetzen, weil das System dies gar nicht zulässt, ist das Problem gelöst.
Wie der gute Kafka-Franzl sagt: "Sie setzen Kapitalismus mit Demokratie in eins"
Bitte denken Sie nicht so eingleisig. Das Ergebnis einer Abschaffung von Kapitalismus bedeutet nicht Sozialismus. Es bestehen zig andere Ansätze für eine Gesellschaft, die nicht auf autokratischen Strukturen wie dem Kapitalismus beruhen. Die Demokratie ist eine davon. Kapitalismus ist keine Voraussetzung für Demokratie. Auch Marktwirtschaft nicht.
Die Antwort darauf ist sehr einfach. Die Leute fürchten sich vor grundlegenden Veränderungen Ihrer Lebenslage und lehnen deshalb Veränderungen ab, auch wenn diese bessere Lebensbedingungen versprechen. Es bedarf sehr großer Schmerzen oder sehr charismatischer Führer um die Mehrheit einer Bevölkerung zu Änderungen zu bewegen.
Aber, wir stehen hier am Wendepunkt der Zeiten. Wenn nicht jetzt Maßnahmen ergriffen werden, wird es keine Zukunft mehr geben. Das betrifft die Kinder der Leute, und deren Kinder.