Die neue Ernährungsserie
Früher hatte Essen mit Natur zu tun, heute vor allem mit Industrie. Mit 155 Milliarden Euro Jahresumsatz und einer halben Million Beschäftigten zählt die Ernährungsindustrie zu den fünf größten Branchen Deutschlands. Supermärkte können aus einem Sortiment von 170.000 Produkten wählen, jede Woche kommen Hunderte neue hinzu. Die Konzerne kennen die Bedürfnisse der Bevölkerung genau. Sie liefern schnelle Kost für die Gehetzten, Biolebensmittel für Menschen, die Angst vor Pestiziden haben, und verkaufen Gesundheits- versprechen an alle, die etwas mehr für sich tun wollen. Die neue
ZEIT Wissen
-Serie beleuchtet die großen Trends der Ernährungsindustrie. Sie zeigt, wie Essen produziert wird, welche Anbaumethoden besser sind und ob neue Lebensmittel uns wirklich gesünder machen.
Nicht einmal die Rezession bremst den Absatz der Fertiggerichte – ganz im Gegenteil: In schweren Zeiten sparen Menschen an Restaurantbesuchen und kaufen häufiger eine Tiefkühlpizza oder Fertigsuppe. Der Markt wächst seit Jahren. Längst sind es nicht mehr nur Kochmuffel oder Singles, die Mahlzeiten aus der Packung aufwärmen. Neun von zehn Kindern essen mindestens jeden dritten Tag ein Fertiggericht. »Es gibt viele Familien mit zwei berufstätigen Elternteilen, die sich unter der Woche mit Fertiggerichten ihren Alltag erleichtern«, sagt der Soziologe Immanuel Stieß vom Frankfurter Institut für sozial-ökologische Forschung. »Sie kaufen sich damit Zeit.«
Fertigkost ist längst Teil unserer Esskultur. Sie ist nicht von vornherein ungesund, manches Tiefkühlgemüse enthält mehr Vitamine als vermeintlich frisches Gemüse. Und ohne eine industrialisierte Produktion wären Millionen Menschen kaum zu ernähren. Aber wir zahlen dafür einen Preis: Was bei vielen Familien auf den Tisch kommt, ist ihnen fremd. Sie hängen von einer Industrie ab, die ständig wegen Mogeleien in die Schlagzeilen gerät – zuletzt im Juli, als die Verbraucherzentrale Hamburg über Garnelenimitate aus gepresstem Fischeiweiß und Putensalat aus Resten berichtete. Kaum eine Branche ist so geheimniskrämerisch wie die Lebensmittelindustrie – ein Fehler, der das Misstrauen nur vergrößert. Einige Unternehmen haben für ZEIT Wissen ihre Türen geöffnet, darunter Europas größte Fabrik für Tiefkühlpizza. Am Beispiel eines Drei-Gänge-Menüs zeigen wir, wie das Fertigessen vom Fließband kommt, wie der Geschmack entsteht und wie die Tiere für uns sterben.
Die Vorspeise: Tütensuppe – Geschmack aus der Aromafabrik
Wie ein Sternekoch sieht Marcus Leben aus: weißes Hemd, versetzte Knopfleiste, rote Schürze. An der Brust und am Ärmelaufschlag ist sein Name in Schreibschrift eingestickt. Ein Restaurantgast wird ihn aber nicht zu Gesicht bekommen – und auch seine Gerichte nie essen. Denn Marcus Leben arbeitet nicht in einem Nobelrestaurant, er kocht bei Symrise, dem viertgrößten Aromahersteller der Welt. Das Gericht, das er heute zur Verkostung vorbereitet hat, ist simpel: Rinderbouillon aus Pulver, aufgegossen mit heißem Wasser, serviert in Plastikbechern.
Am Firmensitz in Holzminden, wo die Flure mal buttrig, mal nach Erdbeere riechen, entstehen mit Marcus Lebens Hilfe jene Stoffe, ohne die viele Fertiggerichte wie die Tütensuppe fade schmeckten.
Dass die Fleisch- und Gemüsestückchen darin auch nach Monaten noch essbar sind, ist zwar ein Wunderwerk der Konservierungstechnik. Doch geht das zulasten des Geschmacks. Daher bessern Hersteller oft mit Aromen und Geschmacksverstärkern nach.
Pro Jahr verzehrt jeder Deutsche im Schnitt 137 Kilo aromatisierte Lebensmittel – 370 Gramm am Tag. »Verbraucher sehen es als selbstverständlich an, dass Lebensmittel bequem zuzubereiten sind, sich lange halten und dann auch noch gut schmecken«, sagt Eberhard Süßle, Technischer Direktor von Symrise. Ohne Aromen sei das oft nicht machbar.
Aromastoffe sparen zudem Rohstoffe und Zeit. »Was in den Höhlen von Roquefort Monate dauert, schaffen wir in wenigen Tagen«, sagt Süßle. Mithilfe von Säure können Enzyme in den Tanks von Symrise ein Aroma erzeugen, das Käse geschmacklich ersetzen kann. »Das senkt die Produktionskosten und macht einen Geschmack zu einem angemessenen Preis vielen Menschen zugänglich.«
Kommentare
guten Appetit
Leider 'kochen' auch Leute die Zeit hätten Gerichte aus der Retorte, in Schulkantinen wird regelmäßig aufbereitete industrielle Kost angeboten, angeblich aus Kostengründen. Mittlerweile finde ich Kochshows eher überflüssig, weil sie so gar nichts mit der Wirklichkeit auf deutschen Tellern zu tun haben aber einen Jamie Oliver würde ich mir hier doch wünschen, er hat mit seiner Initiative für gesundes Essen in Schulen so einiges bewirkt - auch bei den Eltern.
Mir persönlich wird von dem vorgefertigten Essen schlecht, esse ich es in größeren Mengen. Nach einer pubertären Fertigpizza - und MacDonalds-Phase ist mein Sohn nun, da er selbst kocht, zu frischer Kost zurückgekehrt - so wie er es aus seiner Kindheit kennt.
Für mich ist es unverständlich, dass der Lebensmittelindustrie nicht mehr auf die Finger geschaut wird. Aus ökonomischen Gründen (wer bezahlt für die Übergewichtigen, die Diabetes-Kranken etc.?) und ökologischen Gründen (Verpackungsmüll, Transportkosten usw.) müsste das längst geschehen.
Nur ein Kommentar
für einen Bericht, der absolut lesenswert ist und eine unhaltbare Situation an deutschen Esstischen widerspiegelt. Vielleicht ist es vielen zu anstrengend - Berichten über den Islam bzw. Moslems in Deutschland folgen hier ja regelmäßig hitzige Debatten unter den Lesern. Dabei ist das Thema Ernährung und insbesondere industriell gefertigte Nahrungsmittel in meinen Augen eines der streitbarsten unserer Zeit. Aber es ist ein schleichendes Gift, das sich durch die Hintertür unseres Bewußtseins seinen Einlass in die Küchen der zeitknappen Mennschen gebahnt hat. Es kommen kaum Skandale ans Tageslicht, Kennzeichnungen werden durch massive Lobbyarbeit verwaschen und für die Politik ist es lästig, da Publicityunwirksam. Mittlerweile hat ein jeder Bekannte oder Familienmitglieder, die mit schwerwiegenden Krankheiten wie Krebs, Arteriosklerose oder Diabetes kämpfen. Kein Zusammenhang mit der Ernährung?? Wer sich den 3 Stunden-Marathon von DSDS und Konsorten reinpfeift, hat "keine Zeit", frisch zu kochen. Ist klar.
Ist ja auch logisch...
...das hier kaum einer reagiert, denn solche Artikel halten den Deutschen den Spiegel vor's Gesicht. Ein Volk das innerhalb seines Kontinents am wenigsten fuer Nahrung ausgibt, damit man einen BMW/Mercedes/Audi/usw. fahren kann. Das sind doch mal Prioritäten!
"Geschmack" ist sowieso ein Gut was den meisten Leuten verlorengegangen ist, vermutlich werden bald Köche als Künstler angehimmelt und die Kochplatte zuhause wird durch ne Standleitung zum Pizzadienst ersetzt.
der Mensch ist was er ißt :-)
Mit Nahrung nehmen wir Ordnung in unseren Körper auf - je weiter der Weg von der Ernte der Rohstoffe bis zum Verzehr des Nahrungsmittels, desto mehr Entropie sammelt sich in der Nahrung.
Es gibt Ernährungswissenschaftler, die herausgefunden haben, dass durch die Oxidation und andere mit dem Alterungsprozess der Nahrung verbundene Veränderungen dazu führen, dass während der Verdauung / Assimilation eine Substanz erzeugt wird, die „Homocystin" genannt wird und für Gefäßverengung zuständig ist. Es ist nicht das Cholesterin, das schädlich ist (das Gehirn besteht zu 80% aus Cholesterin), sondern eine Abwandlung die als 'Homocystin' bezeichnet wird.
Man kann dem vorbeugen durch frische, Vitamin-B haltige Nahrung. Je weniger abgepacktes man ißt, desto geringer ist das Risiko der Artiriosklerose und anderer Gefäßerkrankungen.
Die regelmäßige Ausübung der Transzendentalen Meditation verringert übrigens das Risiko von Herzerkrankungen um 50% - das ist das Ergebniss einer von der US-Gesundheitsbehörde finanzierten Langzeitstudie: Während der TM funktioniert das Gehirn als eine Ganzheit und assimiliert mehr Cholesterin als bei Personen, die ihr Gehirn nicht auf diese Art und Weise trainieren. Gleichzeitig hat die regelmäßige Ausübung der T.M. einen harmonisierenden Effekt auf das Parasympatische Nervensystem, von dem die wichtigsten Lebensfunktionen im Körper abhängen.
„mens sana in corpore sano" läßt sich also auch umkehren: ein gesunder Körper durch einen entspannten Geist :-)
Bitte anständig recherchieren!
Nicht Homocystin sondern Homocystein ist das Problem für unsere Gefäße. Homocytin bildet sich unter Zusammenschluss zweier Moleküle Homocystein, welches dann, mit dem Urin aus dem Körper ausgeschieden in der Diagnostik als Nachweis eines zu hohen Homocytsein- (welches schädlich ist) spiegels dient.
Zum Thema Cholesterin noch ein paar Worte: Es ist korrekt, wenn Sie behaupten, dass wir im Hirn eine ganze Menge Cholesterin besitzen, jedoch sollte man dabei beachten, dass es sich bei dieser Cholesterinart um eine körpereigene Produktion handelt, da mit der Nahrung zugeführtes Cholesterin die Blut-Hirn-Schranke nicht überwinden kann. Cholesterin an sich ist auch nicht das Problem, sondern nur der Transporter (das VLDL - very low density lipoprotein), welcher durch Wechselwirkungen mit den HDLs (high density lipoproteins). Es kommt über viele Reaktionswege zur Arteriosklerose.
Dennoch ist es per se nicht schlecht, Cholesterin zu sich zu nehmen. Nur ist wichtig, dass das Verhältnis von HDL zu VLDL ausgewogen bleibt. Dies kann man schnell beim nächsten Arztbesuch überprüfen lassen. Wichtig ist Fett für die Ernährung aber auf jeden Fall. Wir brauchen es für viele Stoffwechselvorgänge. Nur sollte man auf die Fettart und -menge achten! Bis zu 30% am Tag an der Gesamtenergiezufuhr sind völlig in Ordnung. Dabei sollte darauf geachtet werden, dass man viele ungesättigte Fettsäuren zu sich nimmt. Da kann auch gern mal etwas mehr Olivenöl genommen werden. :)
Viele Grüße
Am besten so viel wie möglich selber machen
Wenn man das liest muss man sich schon so seine Gedanken machen. Wenn man z.B. Spareribs essen will bei denen man weis was damit passiert ist sollte diese schon beim guten alten Metzgerladen kaufen und dann aich selbst zubereiten.