Es ist Herbst, als im Jahre 1980 ein Biologe und ein Ökonom um die Zukunft des gesamten Planeten wetten. Der amerikanische Biologe Paul Ehrlich prophezeit, dass "hunderte Millionen Menschen verhungern" würden. So steht es in seinem Buch Die Bevölkerungsbombe. Der Wirtschaftswissenschaftler Julian Simon hingegen behauptet, dass Technik und menschliche Erfindungsgabe Hungersnöte und andere Ressourcenknappheiten verhindern werden. Er setzt 1.000 Dollar darauf, dass die Preise von fünf ausgewählten Rohstoffen im Laufe des folgenden Jahrzehnts sinken werden.
Auf den ersten Blick ist das eine einfache Wette. Für jedes der fünf Metalle – Chrom, Kupfer, Nickel, Zinn und Wolfram – soll der Biologe Ehrlich im Geiste 200 Dollar ausgeben. Wäre der (inflationsbereinigte) Wert dieser gedanklichen Investitionen 1990 höher als 1.000 Dollar, würde ihm der Ökonom Simon die Differenz schulden. Fiele der Wert, müsste Ehrlich zahlen.
Der tatsächliche Einsatz ist indes weit höher als 1.000 Dollar. Simon und Ehrlich stehen für den Optimismus und Pessimismus ihrer Zeit. Sie sind Antipoden, für The Chronicle of Higher Education ist es die "akademische Wette des Jahrzehnts".
In den USA ist Paul Ehrlich zu der Zeit längst eine feste Größe, ein Ein-Mann-Club-of-Rome gewissermaßen, der in Radio und Fernsehen Hungersnöte, Engpässe und Umweltkatastrophen vorhersagt. "In zehn Jahren werden alle wichtigen Meerestiere ausgestorben sein", hatte Ehrlich bereits 1970 gewarnt. Als in den Jahren danach die Ölkrisen von 1973 und 1979 die USA damit konfrontieren, dass Energie in Zukunft teurer werden würde, spiegelt Ehrlich die Stimmung eines Landes wider, das zunehmend pessimistischer wird und sich eine dunkle Zukunft voller Knappheiten ausmalt.
Simon wiederum hatte seine Laufbahn an der University of Illinois als Wirtschaftswissenschaftler begonnen, der sich auch mit der Frage des Bevölkerungswachstums befasste. Bei der Untersuchung ökonomischer Daten kam er zu dem Schluss, dass neue Technologien in Zukunft dabei helfen werden, Rohstoffmängel zu verhindern. Simon ist davon überzeugt, dass der Fortschritt mit all seinen Facetten das Leben der Menschen verbessern wird – mehr als diese es sich vorstellen können. In seinem 1981 erschienenen Buch The Ultimate Resource argumentiert er, steigende Rohstoffpreise führten dazu, dass die Menschheit mehr von dem teuren Rohstoff entdeckten, sparsamer mit ihm umgingen und schließlich einen Ersatz fänden: Wenn uns das Öl aus der Wüste ausgeht, erfinden wir eben etwas, um es unter den Ozeanen hervorzuholen.
Sowohl Julian Simons als auch Paul Ehrlichs Denken prägen die Debatte über die Zukunft des Planeten bis heute, wie Paul Sabin in seinem Buch The Bet: Paul Ehrlich, Julian Simon, and Our Gamble over Earth’s Future beschreibt.
Seitdem Simon und Ehrlich ihre Wette abschlossen, haben sich die Schwerpunkte der Debatte verlagert – aber das Prinzip ist im Großen und Ganzen dasselbe geblieben. Wir sorgen uns heute mehr um das Überfischen der Meere als um Missernten, mehr um Dürren und Überschwemmungen als um "Peak Oil", das globale Ölfördermaximum. Wir debattieren über die Folgen der Gentechnik, die radikale Verlängerung der menschlichen Lebensspanne oder die Vision eines "Urknalls der Evolution" – wenn Rechner intelligenter werden als Menschen. Doch nach wie vor betrachten wir die Zukunft entweder als Pessimisten oder als Optimisten, je nachdem, ob wir dabei Mangel oder Überfluss im Sinn haben.
Die Pessimisten nennt man Malthusianer, nach dem britischen Ökonomen Thomas Malthus, der im 19. Jahrhundert als Erster vor den katastrophalen Folgen des Bevölkerungswachstums warnte. Die Optimisten heißen Cornucopier, benannt nach dem nie versiegenden Füllhorn in antiken Mythen, dem Cornucopia. Im malthusianischen Szenario ist die Zukunft geprägt von Mangel: Fisch, fossile Treibstoffe und andere Ressourcen werden knapp. Im cornucopischen Szenario erarbeiten wir produktive Lösungen: Wir betreiben Fischfarmen, gewinnen Strom aus sicherer Kernenergie und entwickeln andere Technologien, die wir jetzt noch nicht kennen.
Kommentare
Es kommt drauf an, ...
was man im Leben mitgemacht hat.
Wenn man Dinge erlebt hat, die unmöglich erscheinen, dann hält man plötzlich auch das für möglich.
Fragt man die heutige Generation heißt es:
"Der Weltuntergang wurde schon oft vorhergesagt. Alles Schwachsinn."
Hätte man meinen Opa gefragt, der den Krieg erlebt hat, millionenfacher Mord. etc.
Der war immer skeptisch und traute dem Frieden nie so recht.
Das hängt wohl von den Erfahrungen ab.
Wir können uns heutzutage nicht vorstellen, dass unser Glück durch Schulden erkauft ist.
Der Teenager der alkoholisiert von der Party heimfährt, ist auch gut gelaunt bis er Sekundenbruchteilen später am Baum klebt.
Das kann schneller gehen als uns lieb ist.
Aber es ist ja nicht so, dass zu wenig gewarnt wurde.
Sollte es mit der Welt wirklich den Bach runtergehen, dann trauer ich den Menschen nicht nach.
Dann haben sie nichts anderes verdient als Elend und Leid.
Ein bisschen mehr an Wertigkeit und Richtigkeit statt 'Wahrheit'
"Die Wahrheit lautet: Wir brauchen beides, Optimismus und Pessimismus. Beide befeuern sich gegenseitig, beide arbeiten Hand in Hand."
Eventuell brauchen wir auch etwas mehr 'kritischen Realismus' anstatt oberflächlicher Attitüden, für die Begriffsleerformeln wie Optimismus und Pessimismus stehen. Statt der steten Suche nach und Verkündung von (mit geringer werden Haltbarkeitsdaten ausgestatteten) Wahrheiten, sollte die Suche nach tragfähigen, belastbaren Wissenspraktiken anstehen. Und statt 'Hau den Lukas, weil der eine andere Meinung hat', eine konstruktive Dialogkultur, vor allem auch innerhalb der Wissenschaften, wobei hier die Geistes-, Natur- und Sozialwissenschaften gemeinsam angesprochen sind, und zwischen Politik, Wissenschaft und deren Öffentlichkeiten. Statt Optim(al)ismen und Pessimismatas, auch einfach mal ein bisschen Zeit, um über Lösungen auch richtig und sachgemäss diskutieren zu können. Aber der Wunsch würde ja wahrscheinlich auch zwischen Pessimisten und Optimisten zur Unkenntlichkeit zerrieben werden.
Lebensmittelpreise
Nun ja, wenn Lebensmittel vernichtet werden um die Preise hoch zu halten, Banken, Fonds u.a. auf die Preise wetten, dann kann man wohl sagen, dass die Produktion von Lebensmittel nicht das Problem ist. Prinzipiell könnte man vermutlich die komplette Menschheit ernähren, aber das ist wohl im Kapitalismus nicht das Ziel...
(Wobei ich mir nicht sicher bin, was denn eigentlich das Ziel im Kapitalismus ist, aber das ist eine andere Diskussion...)
Das Ziel des Kapitalismus...
ist die Profitmaximierung.
These - Antithese - Synthese
"Wir sollten uns also auf das Schlimmste vorbereiten und auf das Beste hoffen."
Damit ist alles gesagt.