Sie hat die Strukturen unseres emotionalen Wohlbefindens erforscht, Lebensläufe analysiert und über die Entwicklung lebenspragmatischer Kompetenz im Erwachsenenalter habilitiert. Seit 14 Jahren beschäftigt sich Ute Kunzmann, Professorin für Entwicklungspsychologie an der Universität Leipzig, mit Weisheit. "Traditionell versuchen sich eher die Philosophen dem Begriff zu nähern", sagt die 49-Jährige, doch auch die Psychologie habe zu dem Thema einiges zu sagen. Kein Wunder, schließlich "ist Weisheit wohl das Höchste, was die Menschheit im Laufe ihrer kulturellen Evolution hervorgebracht hat".
ZEIT Wissen: Frau Kunzmann, gibt es für Sie persönlich einen Menschen, den Sie weise finden?
Ute Kunzmann: Nein, zumindest nicht absolut weise. Menschen sind fehlbar. Vollkommene Weisheit ist ein Ideal, das wir nicht in einem einzigen Menschen finden werden.
ZEIT Wissen: Kann nur weise sein, wer große Taten vollbringt wie Gandhi oder Mandela?
Kunzmann: Nein, man kann auch in ganz alltäglichen Dingen weise sein. Und wir sind auch nicht ganz oder gar nicht weise. Unsere Forschung basiert auf der Annahme, dass Weisheit relativ ist. Zu Weisheit gehören zum einen eine tiefe Einsicht in fundamentale Probleme und ein sehr gutes Urteilsvermögen – diesen Aspekt von Weisheit nennen wir weisheitsbezogenes Wissen –, zum anderen das Handeln. Personen, die ein hohes Maß an weisheitsbezogenem Wissen haben, sind eher am gemeinsamen Guten interessiert als andere. Das muss jedoch nicht bedeuten, dass sie sich ausschließlich um andere kümmern und völlig altruistisch sind.
ZEIT Wissen: Was zeichnet einen Weisen noch aus?
Kunzmann: Menschen, die wir weise nennen, schweben nicht völlig losgelöst und emotionslos über den Dingen wie Buddha, sondern können durchaus emotional sein. Das haben Untersuchungen in unserem Labor gezeigt. Dazu erfassen wir erst, wie viel weisheitsbezogenes Wissen die Probanden haben. Dann zeigen wir ihnen Fotos oder Filme tiefemotionaler Probleme wie Tod, Krankheit, Krieg oder Umweltzerstörung und erfassen ihre Reaktionen. Menschen mit viel weisheitsbezogenem Wissen reagieren empathisch, lassen sich aber nicht ganz überwältigen und finden schneller wieder zu Gelassenheit als weniger weise Personen. Sie halten so Ungewissheiten besser aus, die in Krisen oft eine Rolle spielen. Es gelingt ihnen eher, Lebensprobleme von einer Metaebene aus zu betrachten und ruhig zu bleiben.
ZEIT Wissen: Wie messen Sie, wie weise jemand ist?
Kunzmann: Wir legen Testpersonen Aufgaben vor, zum Beispiel: "Jemand steht am Ende seines Lebens und hat das Gefühl, er habe etwas Entscheidendes nicht erreicht. Was könnte er jetzt denken oder tun?" Die Antworten werten wir aus und vergeben einen Wert zwischen eins und sieben – den höchsten Wert erreicht aber fast niemand.
Kommentare
Foschung
geht ein bisschen anders. Vielleicht liegt es am Artikel, aber so kann man kein "Wissen" erforschen.
Erstmal muss man definieren, was man untersuchen möchte. Und zwar so stringent wie möglich, etwas, was hier in dem Artikel nicht vorgenommen wird. Stattdessen wird schwammig drumrumgelabert.
Wenn man weiß, was man erforschen will, muss man eine Testmethode entwickeln, die valide genau diese Eigenschaft misst.
Die hier angerissene Methode ist nicht objektiv, kann deswegen auch nicht valide sein, es wird einfach irgendwas gemessen.
Denn: was eine weisere Antwort ist, liegt, mangels stringenter Definition, im Auge des Betrachters, so dass zwei verschiedene Auswerter zu verschiedenen Testergebnissen kommen. Damit ist die Aussage wertlos.
Schade um die Ressource, die man für echte Forschung hätte verwenden können, oder aber einfach nur ein schlechtes Interview...
Es geht um Weisheit und nicht um Wissen
Der erste Kommentator hat diesen Artikel nicht verstanden. Es geht doch gar nicht darum, Wissen zu erforschen, sondern Weisheit. Da in dem Interview nicht steht, wie genau der Test abläuft, mit welcher Validität usw., würde ich mich auch einfach mal nicht darüber beschweren, wenn sich das Interview an sich gar nicht von Testverfahren handelt. Außerdem gibt es bei Forschung mehrere Faktoren außer der Validität...
Das sehe ich völlig anders
Hier wird immerhin der Versuch gemacht, sich näher mit der "Weisheit" zu beschäftigen und sie zu ergründen.
Was Sie fordern, ist schlicht nicht leistabr. Sie verlangen "Objektivität", wo es keine gibt oder geben kann. Wer "Objektivität" will, der muss Physik oder Mathematik studieren und selbst da beruhen die Grundannahmen auf Vereinbarungen. Selbst da verzerren bzw. beeinflussen wir mit einer bloßen Fragestellung das Ergebnis. Je "objektiver" etwas sein soll, desto banaler wird es.
Deswegen finde ich den Artikel gut. "Weisheit" ist es nun wirklich Wert, dass sie erforscht wird.
Ein anderes Thema wäre z. B. die "Liebe". Sie ist erst recht nicht objektiv. Nicht mal definierbar. Heißt das, wir sollen sie nicht verforschen oder zumindest den Versuch machen, auch wenn das nicht "objektiv" ist ?
Angebot: "Mondregenbogen"
Die Psychologin: "– den höchsten Wert erreicht aber fast niemand." - D. h., wer "weise" ist, bestimmt irgenzwie-wann-wozu ein Tester samt Testerin.
Warum sollte man sich von solch Verquerem abhängig machen. Weisheit wäre das jedenfalls nicht.
Ich beschäftige mich lieber mit dem Begriff und der Materie "Mond-R e g e n b o g e n".
Von den Testern würde ich wohl auf "minus 1" verschachtelt; aber ich will es gar nicht wissen.
Wer sollte mir die Tränen, die mir dieses Himmelsphänomen schenkt, aburteilen/abtrocknen? ... eine von der ZEIT kontingent Interviewte?
Nun ja....
"....schweben nicht völlig losgelöst und emotionslos über den Dingen wie Buddha...."
Das Wesen des Buddhismus ist das tiefe Mitgefühl und eine altruistische Grundhaltung.
Ich finde dies weder emotionslos noch abgehoben.
keine Ahnung von Buddhismus
die Frau hat doch keine Ahnung wovon sie spricht.